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    "Gleiten" - ein Gedicht aus Werner Binders Buch "Der QUELLE zu"
   
    Gleiten
zur Quelle hin,
aus der Leben fliesst.

Wer gleitet,
ist mit dem Sterben versöhnt.

Die silberne Klarheit:
Elixier der ersten Stunde
im sich entfaltenden Danach.

Trinke, Geliebte, trinke.

Stille partout
Und gleitende Hingabe.
Sieh:
In der Pupille des Erwachten:
der liebende Mensch:
funken-überströmt.

Wer sich nicht stäubt,
gleitet sachte der leuchtende Mitte zu.

Hier steht das Wesen,
die Hand auf der bebenden Brust.

Küsse die Vorbeiziehenden.
Küsse sie
und segne die Zeit.

Mitte Mai 2013
   
     
     
FRIEDENS-MEDITATIONEN UND INTEGRALE FRIEDENSENTWICKLUNG IM ZIFF
von Werner Binder
   

Mögen alle Lebewesen Wohlergehen, Friede und Liebe erfahren

Das Geschenk des höchsten Friedens

Auf geistig-spiritueller Ebene ist ewiger Friede als Ergebnis und Essenz von Glückseligkeit stets wirksam und gegenwärtig. Aurobindo spricht auch von Seins-Seligkeit. – Die Trinität von Sein, Bewusstsein und Seligkeit (die Freude, Glück und Friede bewirkt), ist endlose göttliche Ausstrahlung, die wir auch als glückliche, innere Präsenz erfahren. Hier ist alles in Harmonie, Balance und in Einheit vorhanden. Hier ist reines Sein, da ist Friede, jenseits des polaren, mentalen kleinen Bewusstseins. Während hier, in unserem üblich mentalen Bewusstsein alles sein Gegenstück hat und daher auch Friede immer auch Unfriede zur Seite hat, ist im göttlichen, supra-mentalen Bewusstsein keine Zweiheit wirksam. Der in seinem Bewusstsein aufsteigende Mensch spürt den ewigen Frieden in sich, auch wenn er  in seiner Mitwelt Unfriede, Schmerz und Leiden wahrnimmt. In seinem spirituellen Hintergrund bleibt sein Wissen und sein Gefühl für den beständigen Frieden vorhanden. In dieser Verfassung ist es dem Menschen möglich, heilend und erhellend tätig zu sein. Er kann den lichtvollen inneren Frieden gleichsam ausatmend in die verletzten Bereiche der Welt leiten.

Der „Peacemaker“ hat also diese Doppeltheit zu lernen. Mehr und mehr fühlt er sich in seinem wahren Selbst, in seinem Seelen-Selbst zu Hause, wo er mit dem all-gegenwärtigen Frieden ist. Gleichzeitig ist er als Bewohner dieser Welt offen und mitfühlend für Leid und Schmerz. Er hält beide Seiten wach und in Verbindung. Dabei hilft ihm der Atem, wie wir untenstehend näher ausführen werden.

Dieser unvergängliche Friede fliesst uns von unserem höchsten Selbst zu als ein Geschenk und eine Gabe, wenn wir uns offen und empfänglich halten. Wenn wir  uns auf den göttlichen Bereich in Hingabe ausrichten, kann es sein, dass wir zu Trägern des Friedens werden. Das Licht des Friedens kann so durch uns dort hin ausstrahlen, wo es gebraucht wird.

Frieden erarbeiten
Wir erarbeiten Frieden dadurch, indem wir uns dem Abgewiesenen, also dem Ungeliebten in uns und in der Welt mitfühlend zuwenden. Im Allgemeinen lehnen wir das Fremde ab, das Leiden, den Schmerz und all das, was uns als unbequem und unvertraut erscheint. Dadurch isolieren wir kleinere oder grössere Teile von uns, die somit im Hintergrund und im Unsichtbaren wirken. Im Finsteren. Dadurch bilden sich Krankheiten und Gefühle von Bedrückung, Depression, denn es ist ein Gesetz, dass alles Existierende angenommen sein will. Es erkennend und annehmend, kann das zu uns Gehörende integriert werden und gestoppte Entwicklungen kommen wieder ins Fliessen. Das Geteilte wird wieder ganz, die verschiedenen Seiten des Lebens werden somit ausbalanciert, harmonisiert.

Insbesondere das innere Kind will verstanden und integriert sein. Das Bedürftige will getröstet und aufgenommen sein. – Bei der Frau will das Männliche entdeckt und gelebt sein und umgekehrt will das Weibliche im Manne leben.

Durch ein integrales Leben wird das menschliche Mitgefühl entwickelt und trainiert und innerer Friede baut sich auf. Friede durch Achtsamkeit und Integration.

Geduld, Dankbarkeit und Langsamkeit sind bedeutende Tugenden bei der Entwicklung des inneren Friedens.

  • Geduld bedeutet, einem Prozess oder einer Vision die Zeit und den Raum zu geben, die sie brauchen, um sich zu entfalten. Dem Prozess oder der Vision wird eine konstante Wärme und Hinwendung zur Verfügung gestellt, damit sie sich verwirklichen und erden können.
  • Dankbarkeit bedeutet, wach und wertschätzend dem Leben gegenüber zu sein. Nichts Gutes und Schönes ist einfach selbstverständlich und nebensächlich. Wird es wert-geschätzt, erhebt es sich in ein höheres Bewusstsein und es entfaltet sich vollständig. Das geschätzte „Kind“ entfaltet sein Selbstvertrauen.
  • Langsamkeit und Gemächlichkeit dienen  dem inneren Frieden, denn Gehetztes zieht sich zusammen. Im Stress drohen wir, uns zu verlieren und unterzugehen.

Friede als Geschenk und als die Frucht achtsamer Arbeit
Tatsächlich ergänzen sich diese beiden Ansatzpunkte. Der Mensch ist auch als eine Brücke gedacht, die Pole und Unterschiedlichkeiten verbindet. Das Menschliche hat immer den zweifachen Aspekt von Geschenk/Gnade und Arbeit. Erarbeitetes und Empfangenes geben sich die Hand. Beide Seiten sind gleichermassen zu beachten.

Pole in Ergänzung und Zusammenarbeit zu bringen ist Friedensarbeit. Sind Pole in einem kriegerischen Zustand zu einander (sowohl innen wie auch aussen), gilt es, so mit ihnen zu arbeiten, dass sie gegenseitig ihre Bedeutung und Wichtigkeit erkennen. Ich brauche das andere, um ein ganzer Mensch zu werden. Das Zarte braucht die Kraft, die Kraft das Zarte um aufzublühen, wie das Weibliche das Männliche, das Kindliche das Erwachsene, usw.

Im Zwischenraum, also in der Mitte der Pole wirkt eine vermittelnde und verbindende Energie, die auch „Dritte Kraft“ genannt wird, die auf das Einheitsbewusstsein hinweist und dieses enthält. Wenn wir diesen Mittel-Punkt imaginieren, so entfaltet sich die vermittelnde Dritte Kraft. Dadurch können die scheinbaren Gegensätze als die zwei Seiten einer Ganzheit (eines HOLONS), einer Wahrheit wahrgenommen und gefühlt werden. Friedensarbeiter-innen imaginieren stets den Zwischenraum, insbesondere bei Spannungen und Konflikten.

Wir brauchen den Segen des höchsten Friedens, um diese mühsame Friedensarbeit im Alltag heiter und gelassen zu tun. Empfangen wir ihn! Ohne ihn, kann es sein, dass wir von Hass und Kampf absorbiert und ausgelaugt werden. Wenn wir den Frieden aber nur empfangen und ihn in uns „verwalten“ wollen, kann er sich nicht verteilen und nicht erden. Friede ist immer eine Energie-Form, die auf Teilen und Mitteilen beruht.

Methoden, um den inneren Frieden zu entwickeln
Die überragende Hilfen bei der Friedens-Entwicklung sind stille Meditation und bewusster Atem, gefolgt von Klang (Friedenslieder) und Bewegung (Friedenstänze). Alle diese Wege und Methoden sind immer auf das Herz bezogen. Wir meditieren, atmen, singen und tanzen aus dem bewegten Herzen, dem Bewusstseins-Zentrum der Seele. Der Reihe nach:

Meditation
Durch alle Leben und Lebensformen hindurch bleibt der unverrückbare Ruhepunkt des Menschenwesen erhalte: sein göttliches Zentrum, sein konstantes Aufgehobensein in ewiger Stille, der Fels in der Brandung. Aus der Stille des reinen Seins strömt Friede. In dieser friedvollen Stille findet sich alles (wieder), findet alles zueinander, fühlt sich jeder Teil in inniger Verbindung zu allen anderen Erscheinungen im Frieden des Einsseins. Bewusstes Atmen vertieft das Gewahrsein des All-Verbundenseins. In der Stille finden wir die Visionen, die unserem Wesenskern entsprechen. Meditation und Gebet bilden das Fundament des Lebens.

Atem
Es gibt drei Atem-Ebenen: Die körperlich-organische, die emotionale und die spirituelle.

Hier wollen wir uns mit der geistig-spirituellen Ebene des Atmens beschäftigen. Dieser Atem ist sehr fein, hauchartig, auch Odem genannt. Am besten spüren wir ihn in stiller Meditation. Er ist verbunden und durchdrungen von Licht und Liebe und einem Gefühl von Seligkeit und Beseeltheit. Wir erfahren strömende Leichtigkeit, Ausdehnung, Weite, Freiheit und Harmonie, die sich dann einstellt, wenn wir uns dem Atem (dem Geist) hingeben und uns in unserer Ganzheit und Verbundenheit mit allem was es gibt, gefunden haben. Im geistigen Atem können wir zu uns selbst kommen und tiefen Frieden finden. Dies erfordert in der Regel eine langfristige Meditations- und Atempraxis. Wir können diesen Frieden nicht „machen“, doch die Bedingungen verbessern, so dass er uns zufliessen kann.

Wir atmen alle dieselbe Luft. Die Tatsache, dass wir mit dem Ein und Aus des Atems mit allen Lebewesen verbunden  sind, stärkt unser Gemeinschaftsgefühl. Der Rhythmus des Ein- und Ausfliessens hilft uns, ein zentrales Lebensgesetz zu begreifen.

Im bewussten Atmen werden alle Verbindungen vertieft und wieder belebt: zwischen den Organen, zwischen Mensch und Erde (Natur), Mensch und Kosmos, usw. Atem ermöglicht und erleichtert, in den Fluss des Lebens zu kommen und Vergessenes zu integrieren. Er unterstützt die Bildung des Friedens im Innern.

Bewusstes, liebevolles  Atmen in einem äusseren (oder inneren) Raum nährt und fördert Wachstum, Heilung und Friede. Vor jeder Zusammenkunft atmen wir frei und wach. So bereiten wir den Raum vor, in dem das Treffen stattfindet.

Klang, Friedenslieder, Mantras
Klänge und Töne, die aus der Seele kommen, wecken friedvolle Stimmungen und Gefühle. Klänge sind auch Qualitäten.

Der Klang des Friedens weckt die entsprechenden Emotionen. Ich gehe davon aus, dass es bestimmte Töne und Tonfolgen gibt, die Friedensemotionen wecken und verstärken. Friedenslieder wirken sowohl durch die Töne, wie auch durch die Worte, was auch für Mantras gilt.

Eines der bekanntesten Mantra ist Om Shanti (Friede)

Klänge, die mit gedehntem AAh beginnen wirken herz-erweiternd.

Die meisten Liebeslieder wecken  Gefühle von Harmonie und Friede (all wie need is love). Ebenso Wiegenlieder (summertime and the living is easy).

Schamanen heilen meistens durch Gesänge, da diese die Seele direkt und unmittelbar ansprechen. Jeder Mensch, sagt man, habe ein Lied, das ihm direkt in die Seele geschrieben sei. Findet man dieses Lied und singt man es immer wieder, soll es als Medizin für die Seele wirken, hilfreich in jeder Krise und in schmerzlichen Konflikt-Situation. Tröstend wirkt der „Blues“. Freies Singen in Phasen der Trauer.

Es erzeugt spürbar eine starke Wirkung, wenn wir für etwas singen: für einen Menschen, ein Tier, eine Landschaft, usw. Zu-atmen und zu-singen wirkt oft stärker als zu-reden. Ein Friedenslied, einen Friedens-Klang für etwas oder jemanden Singen bildet eine warme Kraft, die Erholung bewirkt.

Friedens-Tänze, Gebärden des Friedens
Bewegung ist Ausdruck des Lebens, der Lebensfreude. Die meisten von uns neigen dazu, sich auf Grundsätze, Gefühle, Muster, Bilder zu versteifen. Wir halten am Gewohnten fest. Bewegung weicht auf, hilft die Standorte und Perspektiven zu wechseln, die Dinge immer wieder neu betrachten.

Alle Tänze, die Entwicklung und Frieden bilden, verbinden oben und unten, rechts und links, hinten und vorne: also die im Körper und um ihn herum gespeicherten Bewusstseinsebenen. Sie werden stets auf die Mitte, Herz und/oder Bauch, bezogen.

Ich möchte drei spirituelle Lehrer nennen, die einzelne Tänze, aber auch Abfolgen von aufeinander bezogenen Tänze (Zyklen) und Gebärden entwickelt haben, die das seelisch-geistige Wachstum des Menschen und seinen inneren Frieden fördern:

  • Rudolf Steiner:  Die Eurythmie
  • Peter Deunow:  Die Pan-Eurythmie
  • Samuel Lewis:  Die Tänze des universellen Friedens.

Diese und andere Tänze und Tanz-Zyklen harmonisieren und fördern den inneren Frieden. Es wäre gut, wenn wir einzelne Bewegungsabläufe dieser Tänze und Tanz-Zyklen zusammen lernen würden.

Alle diese Element (Stille, Atem, Klang, Tanz) können oft  gut kombiniert werden und sie dienen auch hervorragend der Gemeinschafts-Bildung. Sie dienen der Friedens-Entwicklung und ergänzen verbale Vorgehensweisen bestens.

Wir wollen eine integrale Friedens-Kultur entwickeln und aufbauen, die uns selbst - den ZIFF-MitarbeiterInnen - wie auch den Menschen, mit denen wir arbeiten, hilft, die Kraft des Friedens zu erleben, zu verinnerlichen und sozial und politisch anzuwenden.

Innere, meditative Friedens-Praxis im ZIFF
Diese Empfehlungen verstehen sich als Vorschlag und stehen zur Diskussion

  • Ich empfehle allen ZIFF-Mitgliedern, sich eine eigene, individuelle spirituelle Friedens-Praxis zuzulegen, auf die man sich gerne einstellt, weil sie Freude macht, dem eigenen Wesen entspricht und zur jetzigen Entwicklungsphase passt. Die Praxis sollte dauerhaft - möglichst täglich - ausgeführt werden, bis der Zeitpunkt kommt, sie abzuändern, um sie der gegebenen, neuen Entwicklungsphase anzupassen.
  • Bei allen Zusammenkünften stellt ein Mitglied (zum Beispiel bei der Einstimmung einer Zusammenkunft) eine Methode oder eine Vorgehensweise vor, die hilft, den inneren Frieden weiter zu entwickeln. Im Laufe der Zeit kommt so ein vielseitiges Instrumentarium zusammen, das von den ZIFF-MitarbeiterInnen in der Friedensarbeit eingesetzt werden kann.
  • Es kann auch einmal ein Seminar-Tag oder ein Wochenende stattfinden mit dem Titel „Wege und Methoden zur Friedens-Entwicklung“.
  • Halbjährlich findet eine gemeinsame stille Meditation aller Ziff-Mitarbeiter-innen statt an Daten, die gemeinsam jeweils anfangs Jahr bestimmt werden. Dabei meditiert jeder und jede an seinem Ort der Wahl (zum Beispiel zu Hause), jedoch zur selben Zeit. Das Thema soll sein: Friede in mir und in der Welt.
  • Ab und zu soll in den Träger- und Friedenskreis-Treffen in Kreisgesprächen oder mittels des Bohm‘schen Dialogs über die Erfahrungen der inneren Friedens-Entwicklung  ausgetauscht werden.
  • Mindestens einmal jährlich soll eine Friedens-Meditation stattfinden als Hilfe für eine Bevölkerungsgruppe oder ein Volk in Not (Beispiel Syrien). Musik und Gesangsimprovisation können einbezogen werden.(Ähnlich wie Randi und ich das für Fukushima gestaltet haben). Diese Meditationen finden an einem bestimmten Ort statt und sind öffentlich, richten sich also nicht nur an ZIFF-Mitglieder.
   
     

DIE BEDEUTUNG DES MITGEFÜHLS IN DER IN INTEGRALEN POLITIK

Dieser Artikel erschien in leicht veränderter Version unter dem Titel KRAFT ND ZÄRTLICHKEIT in der Zeitschrift "Connection spirit", Heft 5-6, 2012.

DIE BEDEUTUNG DES MITGEFÜHLS IN DER IN INTEGRALEN POLITIK

-   Wir können uns nicht wach machen -  aber wach küssen. 

-   Was verlieren wir denn, wenn wir innig träumen und daran denken, was uns wärmt?

Rationales, patriarchalisches Politisieren

Ziel traditioneller Politik ist es, durch zweckdienliches Handeln Probleme zu mindern und zu lösen auf der Basis bestimmter, meist materialistischer Interessen.

Besteht der primäre Wert eines Landes darin, Reichtum zu generieren durch Profitmaximierung, dann sprechen wir von Problemen, wenn die Mechanismen, die Profit versprechen, aus verschiedenen Gründen nicht mehr genügend funktionieren.           Probleme sind etwas sehr Willkürliches. Sie definieren sich aufgrund unserer Werte und Werthaltungen. Gesellschaftliche Grundwerte bestimmen, was als problematisch und schlecht gilt. Dieses Schlechte und Problematische soll also gelöst werden durch zweckdienliche Mittel, die die angestrebte Ordnung wieder herstellen.

In der traditionellen Politik geht es meistens um eine Wiederherstellung der erwünschten Ziele durch Massnahmen, die ein möglichst reibungsloses Funktionieren garantieren. In der Regel entstehen in der Politik Rivalitäten darüber, welche Massnamen die Besten seien, um das Angestrebte rasch und effizient zu erreichen. Es soll kontrolliert werden, dass die eingeleiteten Massnahmen dauerhaft funktionieren.

Effizienz, Funktionalität, Kontrolle und Tempo sind Werte, die in unserer Gesellschaft hohe Akzeptanz geniessen. Deshalb werden Massnahmen, die als günstig, effizient und rasch wirksam angesehen werden, in der Regel von der Mehrheit bevorzugt,. Die Machbarkeit ist ein weiterer Wert, der grosses Ansehen hat in der herrschenden Wertkultur unserer westlichen Gesellschaft.

Viele glauben, dass Gefühle im Allgemeinen und Einfühlung im Besonderen rasches, effizientes Funktionieren bis zu einem gewissen Grade verhindern. Es wird befürchtet, dass Emotionen verweichlichen und Chaos erzeugen, was ja tatsächlich möglich ist.

Politik  erscheint vielen Menschen deshalb als ein Geschäft, bei dem Gefühle, Stimmungen, Sinnfragen und Utopien, wenn überhaupt, nur einen geringfügigen Platz haben sollen. Für Viele ist Politik ein Drecksgeschäft, eine die weiblichen Werte missachtende Art des Geschäftemachens, eine Arena auch, wo die herrschenden Kräfte ihre Machtpositionen besetzt haben wollen; eine das Leben missachtende Art kalten, rationalen Funktionierens, die vor Machtmissbrauch niemals Halt macht. Interessenspolitik, Lobby-Politik eben mit allen – auch unethischen- Mitteln. – Ja, so erscheint Vielen Politik. Deshalb haben sich sehr viele Menschen von ihr resigniert zurückgezogen.

Zärtlichkeit

Es befremdet mich immer wieder, wenn ich beobachte, wie schwach die Zärtlichkeit zwischen Erwachsenen (Paaren, Eltern) und zwischen Eltern und ihren Kindern entwickelt ist, sowohl bezüglich Hautkontakt, wie auch bezüglich der zwischenmenschlichen Atmosphäre.

Durch Zärtlichkeit entwickelt sich Empathie und Empathie drückt sich durch Zärtlichkeit aus. Wenn die Energie in einer Gemeinschaft warm und zärtlich ist, schmelzen verhärtete Konzepte und Strukturen  eher als wenn wir sie bekämpfen. Dadurch kann Neues werden.

Das gilt auch für die Politik. Kraft und Zärtlichkeit ergänzen sich wundervoll.

Zärtlichkeit schmilzt das Herrschende ein und erscheint deshalb für jene gefährlich, die am Gewohnten festhalten. Natürlich würde kaum jemand sagen, dass er sich vor Zärtlichkeit fürchtet und fast jede und jeder würde es sich aber  zweimal überlegen von einer Politik der Empathie und der Zärtlichkeit zu reden. Wer will schon Spott ernten. Und doch fehlt uns allen etwas, wenn wir wesentliche Seiten von uns abspalten.

Überwindung der Spaltung

Die Sparten Politik, Militär, Wirtschaft, Finanzen und Sport sind mehrheitlich männliche Domänen, die von Rivalität, polarisierenden Diskussionen und Erfolgs-Denken geprägt sind. Dem entsprechend ist die Sprache oft martialisch: Man spricht von Kampf, Strategie, Gewinnern und Verlierer, von Ruf-Mord, psychologischer Kriegsführung, von Durchgreifen, Schlachten, von Druck und Niederlage.

Männer machen gerne Abstecher in weiblich geprägte Bereiche, die da sind Psychologie, Spiritualität, Kunst, Mode. Hier darf Schönheit, Erotik und Zärtlichkeit sein, auch feine Gefühle. Sogar Zärtlichkeit. Da erholen sie sich, tanken auf für das harte Geschäft, das sie draussen wieder erwartet.

Aber „auch politische Arbeit kann von Freude und Leichtigkeit getragen werden, von Kooperation und Verbundenheit, von Humor, Lebenslust und Gelassenheit. Die Politik der Anziehung entwirft neue Möglichkeiten politischer Arbeit, die von einer positiven, lebensbejahenden Grundstimmung getragen werden.“ So Nicole Lieger von der Universität Wien.

Integrale Politik hebt die angesprochene Trennung schrittweise auf. Weibliche und männliche Grundwerte können ein kreatives Miteinander eingehen. Auseinandersetzungen und Zärtlichkeit, Kraft und Erotik können sich legieren. Dadurch wird Politik für Frauen gleich attraktiver und für Männer entspannender.

Das politische Engagement wird somit liebevoll, zärtlich und mitfühlend ohne an Kraft zu verlieren - im Gegenteil!

Wagen wir mit Freude an ein solches Zusammenspiel zu denken! Lasst uns dann diese Utopie verwirklichen. Zusammen. Lasst uns eine menschlichere Welt-Gesellschaft und eine befreite Erde schon jetzt in politischen, sozialen und spirituellen Gemeinschaften leben und damit vorwegnehmen. Leben wir also, was wir wollen. Oder: Liebe und tu was du willst.

 

Politik aus der Liebe und Weisheit des Herzens – Politik der Anziehung

Bei konsequentem Einbezug von Einfühlung und Mitgefühl verändert sich Politik radikal, so wie sich auch das Leben des Einzelnen radikal ändert, wenn Mitgefühl im Leben eine zentrale Stellung bekommt. Mitgefühl ist eine sehr sanfte und sehr starke Kraft.

Mehr noch: in einer bestimmten Weise beginnt das Leben erst, wenn Empathie und Mitgefühl einen zentralen Platz im Leben eines Menschen und der Menschheit einzunehmen beginnt.

Unsere Seele schlummert so lange, bis sie durch tiefes Mitgefühl, Barmherzigkeit und Anteilnahme geweckt wird.

Im Atem des Mitgefühls erwacht sie, erwacht unser Herz als seelisches Organ der Liebe, des Mitgefühls und der Integration. Vorher sind wir in einem umfassenden, tiefen Sinne noch nicht vollständige Menschen. Im liebenden und mitfühlenden Engagement vermenschlichen wir uns erst. Diese Erkenntnis wird von Mystikerinnen und Mystikern und sozial engagierten Menschen immer wieder gemacht und damit stets bestätigt. „Mitgefühl ist die Quelle der Glückseligkeit“ – dies ist auch die Überzeugung des Dalai Lamas.

Bleibt das Mitgefühl, die Einfühlung aus, so verharren wir in einem Zustand des unglücklichen und bedrückten Wartens. Jedes Lebewesen möchte erkannt, gesehen  und verstanden sein. Erst dann kann es aufatmen, fühlt es sich erleichtert, beginnt es sich in der Tiefe zu spüren und zu erfahren.

Sehr unruhige Kinder sind oft deswegen bedrückt, nervös oder zerfahren, weil sie sich nicht umfassend gesehen und geliebt fühlen. Sie fühlen sich nur oberflächlich in ihren äusseren Verhalten und in ihrer Symptomatik erfasst, nicht aber als ganze, subtile und beseelte Wesen.

Mitgefühl ist eine durchdringende, durchströmende und öffnende, Grenzen überwindende Kraft, die verbindet, eint.

Tiefe Empathie verändert alles. Ohne Empathie ist das Leben wie eine Melodie ohne Obertöne, eine Begegnung ohne Hintergrund, Fische ohne Wasser. Ohne Mitgefühl ist das Leben flach, trocken, kantig. Mitgefühl schafft Lebensraum und bringt in Schwingung, was vorher starr war.

Unsere Art zu leben, minimalisiert das universell vorhandene Mitgefühl. Wir mindern es in uns, bringen es zum Stocken. Wir mindern uns dabei selbst. Empathie ist von fliessender Natur. Sie bewirkt ein sich ausdehnendes, umfassendes und umarmendes Weltgefühl.

Wir haben nicht nur im Physischen zu wenig klares und gutes Trinkwasser.

Das mental-rationale Bewusstsein vermindert die fliessende Dimension des Lebens, indem es zerteilt. Mitgefühl bringt in Fluss, was im Rationalen zum Teil lebensfeindlich „begradigt“ ist.

Mitgefühl erdet, macht nachhaltig, erweckt und fördert qualitatives Wachstum, ermöglich die Entwicklung des Bewusstseins.

Um unsere Beziehung zur Erde nachhaltig qualitativ zu ändern, genügt es niemals, wenn wir die Probleme, die unser menschliches Verhalten ihr gegenüber hervorgebracht hat, auflisten und so etwas wie einen Behandlungsplan erstellen, - nein die Erde will, dass wir sie als Wesen erkennen. Sie braucht unsere Empathie, so wie jedes Lebewesen. Wir selbst brauchen die Fähigkeit zur Einfühlung, damit wir eine ganzheitliche und behutsame Beziehung zu unserem Planeten entwickeln können – so, wie auch zu uns selbst.

Empathie begründet und initiiert qualitatives Wachstum. Es strömt im ganzen Universum und in jedem Element des Universums als eine innere, nährende und leuchtende Substanz, die uns wärmt.  Achtsamkeit und bewusster Atem helfen uns mit dem universellen Mitgefühl in Kontakt zu kommen.

Ich glaube, dass Mitgefühl Ausfluss der universellen Liebe ist, seit Beginn der Schöpfung. Es wurde durch die Menschheitslehrer (wie Buddha und Christus) und die Bodhisattvas (helfende Wesen, die einzig da sind, Mitgefühl und Barmherzigkeit zu leben) vertieft und verstärkt. Wie gesagt, ist es uns Menschen möglich, uns mit dem universellen Mitgefühl zu verbinden – wir müssen es nicht alleine und ohne Unterstützung entwickeln.

Obwohl wir in lichten Momenten unseres Leben spüren und wissen, dass Sein, Bewusstsein, Liebe und Freude die Wurzeln unseres Lebens bilden, vertreten Viele von uns doch die verinnerlichte Meinung, dass Liebe nichts in der Politik zu suchen habe, dass es uns völlig schutzlos mache, wenn wir Sensibilität und Weichheit in der kalten, harten politischen Welt zuliessen.

Um handlungsfähig zu werden, sehe ich keinen anderen Weg, als den Weg gegenseitiger Ermutigung und Ermächtigung. Ermutigen wir uns, mit unserem ganzen Menschsein zu politisieren. Mitfühlend und damit Grenzen öffnend. Viele wünschen es sich, als ganze Menschen im politischen Alltag zu handeln. Helfen wir uns dabei!

Der Sprung

Der Bewusstseinssprung von der mentalen (rationalen) Eben auf die Herzebene ist riesig. Ohne Erschütterung ist er nicht zu schaffen.

1936 schrieb Teilhard de Chardin:

„Wie stellt sich der Tod im personalen Universum dar… Ich werde antworten: „Als eine Metamorphose,… keine physische Wirklichkeit kann unendlich wachsen, ohne die Phase eines Zustandswechsel zu erreichen. Über einen mehr oder weniger langen Zeitraum variieren die Dinge einfach, ohne aufzuhören, sich selbst ähnlich zu bleiben. Und dann in einem gegebenen Augenblick, wird eine vollständige Neuordnung der Elemente notwendig, damit die Grösse zu einem neuen Bereich möglichen Fortschritts Zugang erhält.“

Dies geschieht nun auf der Ebene der Menschheitsentwicklung. Keine Reform, sondern eine Metamorphose, ein tiefgreifender Zustandswechsel.

Fauke Godat in einem Gespräch in der Zeitschrift „oya“(Nr. 13):

„Wir wollen die alten Strukturen nicht verändern, sondern ihren Lebenszyklus würdig beenden, während sich gleichzeitig bereits neue Strukturen bilden. Also nicht das Alte bekämpfen, sondern es begleiten im Sinn einer Sterbebegleitung.“

In dieser schönen und starken Formulierung schwingt Mitgefühl und Zärtlichkeit mit. Abschied ist ein sanftes, ruhiges und tiefes Gefühl. Abschied macht den Raum für das Kommende frei.

Das Kommende ist das Entstehen des Herzens-Bewusstseins. Das Herz ist der Repräsentant der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Bewusstseins, der bedingungslosen Liebe und Glückseligkeit. In seiner Sphäre schwingt das Einheitsbewusstsein. Im Herzen ist das Wissen um die Verbundenheit zentral, während im heutigen mentalen/rationalen Bewusstsein, die Empfindung der Trennung und der Zerstückelung und Unterschiedlichkeit bestimmend sind.

Der Übergang vom Bewusstsein der Zergliederung zum Erleben umfassender Zu- sammengehörigkeit könnte nicht grösser sein. Es stellt uns gleichsam auf den Kopf.

Nach der langen, heftigen Kältewelle ist für mich der plötzliche milde und sonnige Frühling ein wunderbares Geschehen, das ich weder herstellen kann, noch beschleunigen kann. Doch ich kann und will ihn freudig begrüssen. In dieser Art des Begrüssens, kann das Neue sich ausbreiten. Dies kann/soll unser Beitrag sein, uns in das Zeitalter der Empathie und Integration einzufinden.

Integrale Politik

 Es könnte ja sein, dass wesentliche Grundzüge integrale Politik im Mainstream gar nicht erkannt und integriert werden kann, da die herrschende Wahrnehmungs-Instrumente dafür keine Möglichkeiten bieten, so, wie unsere gewöhnlichen, physischen Augen, Engel nicht sehen können – und insgeheim vielleicht auch nicht sehen wollen. – Deshalb fühlen sich manche integrale Politiker zeitweilig als unsichtbare Arbeiterinnen und Arbeiter.

Mentales Bewusstsein liebt es nicht, sich verunsichern zu lassen. Es hasst Chaos.

In der integralen Politik ist hingegen die Erkenntnis stärker geworden, dass Phasen des Chaos neue Ordnungen hervorbringen können, die mit der gegenwärtigen Situation harmonieren. Dies geschieht, wenn Menschen die Bereitschaft auf sich nehmen, Unsicherheiten und Spannungen als für Entwicklungs-Prozesse notwendig zu anerkennen im Vertrauen auf mitwirkende Kräfte und im Vertrauen auf die Weisheit von Gruppen. Es scheint mir wichtig, dass TeilnehmerInnen integraler Gemeinschaften sich nicht verlassen (nicht alleine lassen) in solchen Prozessen der Verunsicherung und des Nicht-Wissens, denn Viele von uns haben noch zu wenig die Erfahrung in sich gespeichert, dass solche Phasen der Unsicherheit sehr kreativ und heilend sein können. Wir wissen auch aus der Gruppendynamik, dass Unsicherheit Angst und in der Folge starke Aggressionen, auch destruktiver Art hervorrufen kann. Das stimmt uns zusätzlich vorsichtig.

Ich glaube allerdings, dass es möglich ist, Ängste in Vertrauen umzuwandeln und dies umso eher, wenn wir ein Klima der Zärtlichkeit und des Mitgefühls aufbauen. Wir können Ängste als einen Motor betrachten zur Umwandlung und Bildung von Vertrauen.

In integraler Politik geht es nicht vordringlich darum, Probleme zu lösen, sondern um lebensdienliches Leben und um die Würde des Menschseins.

Integrales Bewusstsein bezieht die Aspekte und Ebenen mit ein, die normalerweise abgewertet und/oder ausgeschlossen sind. Das setzt voraus, dass es einen magnetischen Pol, ein Zentrum, einen Kohäsionspunkt gibt. Diesen gilt es zu entwickeln. Dafür gibt es zahlreiche spirituelle Praktiken (Methoden) wie die Meditation, Gebet, Achtsamkeit im Alltag, Tanz und Gesang – vor allem aber liebevolle Begegnungen zwischen Menschen.

Substanz überträgt sich durch freundliche, zärtliche, mitfühlende Begegnungen. Was gibt es wichtigeres als das Bestreben, ein freundlicher, einfühlsamer Mensch zu werden? Wie anders kann sich ein radikal erneuertes Verständnis von Menschsein vermitteln?

Kann man da noch von Politik sprechen?

JA.

Werner Binder, 1945,  Psychotherapeut.-  Mitbegründer der INTEGRALEN POLIK (IP), Schweiz.

MANIFEST: WIR WERDEN EINE NEUE GESCHICHTE SCHREIBEN


Wir werden eine neue Geschichte schreiben.

Die alte Geschichte:

Das karmische Rad, das sich dreht und dreht.
Die alte Geschichte, schicksalsschwer,
bedrückt von den unerlösten Gewalttaten der schweren Schuld,
die in Rache und gekränktem Tun,
sich immer wieder neu auflegt,
jedesmal schwerer, dumpfer.

Die alte Geschichte von Opfer und Täter,
die alte Geschichte der Ehren-Morde,
von Anklage, Verteidigung und Rechtfertigung,
noch und noch.

Generationen übergreifende Selbstschädigungen,
aufgestaut, mörderisch entladen und wieder abgesunken
in die Schwere depressiven Lebens.
Noch und noch.

Diese alte Geschichte ende nun!
Weil wir es wollen.

Wir wollen eine neue Geschichte schreiben.
Eine Liebesgeschichte.
Auf neuer, duftender Erde.
Jetzt und hier.

Diese neue Geschichte,
geboren im berührten, offenen Herzen beginne jetzt!
Weil wir uns verziehen haben
und uns dem Leben jetzt hingeben.
Weil wir bereit sind und es so wollen,

und weil uns alles gegeben ist, was wir benötigen,
um aufzustehen.

Werner Binder, Herbst 09


INTEGRATIVES BEWUSSTSEIN IM LICHTE DER CHRISTUS-WIRKLICHKEIT
Vortrag von Werner Binder, gehalten am /Kongress für Integrale Politik/ im Bildungshaus St. Arbogast, August 08

Elemente der Gottes-Offenbarung und Emanation in der christlichen Mystik

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen

Zuerst werde ich über heute wesentliche archetypische Aspekte des Kosmischen Christus sprechen. Im zweiten Teil meiner Ausführungen werde ich mich zur sanften Revolution des Jesus von Nazareth äussern und schliesslich, im dritten Teil meiner Rede werde ich darlegen, wie ich die Art der Vermittlung der Christuswirklichkeit sehe.

Ich möchte meinem Vortrag ein paar Vor-Bemerkungen voraus schicken:

Lasst uns den Versuch machen, den inneren Christus von unseren einschränkenden Vorstellungen zu befreien, deren Aufarbeitung immer noch auf sich warten lässt. Lasst uns hinter die Schatten unserer Enttäuschungen über die sehr dunklen Seiten der Kirche blicken.- Ich spreche in meinem Referat nicht über den auf ein Geschlecht und auf bestimmte Eigenschaften reduzierten Jesus Christus, sondern über den Strahlenden, der aus der Einheit leuchtet und sich in unserem Herzen und im Herzen des Kosmos manifestiert. Nur da kann er erfahren werden.

Integrales Bewusstsein erfordert, dass wir unser christliches Erbe, unsere christliche Religion und Kultur, die uns so sehr prägt, nicht abschneiden, sondern als Teil integrieren, der uns auch ausmacht. Das erfordert individuelle und kollektive Schattenarbeit.

So wenig sinnvoll es ist, die Politik den jetzigen Politkern zu überlassen, so wenig ist es zu verantworten, die kollektive Aufarbeitung unserer Kirchengeschichte ausschliesslich den festen, bezahlten Mitgliedern der Kirche zu überlassen.

Ich hoffe, dass es mir nun gelingen möge, eine Ahnung über die wahre Christus-Wirklichkeit zu vermitteln.


I. TEIL: ASPEKTE DES KOSMISCHEN CHRISTUS

1 Christus, der Berührende, der Bewegende

Genesis 2, : da bildete der Herr, Gott, den Menschen aus Staub vom Erdenboden und blies Lebensatem in seine Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen

Atem – Bewegung, aus Liebe
Als der Eine Gott das Andere, das Gegenüber erschuf, hauchte er seinem Geschöpf seine ganze Liebe und Barmherzigkeit, als sein Erbe, seinen Segen und sein Vermächtnis ein, und liess es frei seinen Weg wählen.
Dieser Hauch übermittelte dem Geschöpf die schönste Liebeserklärung, die es je gab.

Die Geburt der Seele – Die Bewegung wird zur Wanderschaft
In diesem liebenden Odem wird unsere Seele geboren. Sie wird sich in dieser ersten Regung als beseeltes Leben bewusst. Die Liebeserklärung Got¬tes an sein geliebtes Menschengeschöpf wohnt also der Seele inne. Die erste ursprüngliche Regung / Bewegung ist die Antwort auf den göttlichen Odem. Sie ist Leben gewordene Liebe. Im Ein-Hauch fliesst der Strom der bedingungslosen Liebe, als Ur-Kraft und Ur-Bewegung auf unserer Wanderschaft durch die Welt.
Diese erste ursächliche Bewegung ist die Grundlage aller Bewegungen und Prozesse, aller geschichtlicher Ereignisse, aller Lebensrhythmen und Wandlungsgeschehen.

Wieder-Erinnerung - Wieder-Erkennen
Im Gebet und in der Meditation und speziell im achtsamen Atem können wir uns an diese Ursprungs-Bewegung, welche Trägerin der Liebe und der Barmherzigkeit ist, wieder erinnern und da¬mit an unsere Liebesgeschichte mit Gott, der uns sowohl begleitet, wie auch frei lässt. Die Wieder-Erinnerung öffnet sich auch, wenn wir durch eine liebevolle innere oder äussere Begegnung tief berührt werden. Spiritualität können wir als berührtes Leben verstehen.

Christus: der Berührende.
Edith Stein, die jüdisch-stämmige Karmeliterin, die im 2. Weltkrieg in Ausschwitz umgebracht wurde, sagte:

„Das Entscheidende ist das innere Berührtwerden von Gott ohne Wort und ohne Bild. Denn in dieser persönlichen Begegnung findet das innere Kennenlernen Gottes statt.“ Wege der Gotteserkenntnis.

In dieser wunderbaren, tiefe Aussage können wir die Einheit von personaler Berührung und Transzendenz, von Intimität und transpersonalem Bewusstsein spüren. In der christlichen Mystik geht es nicht um die Überwindung des Persönlichen, sondern um die Einheit von personalem und trans-personalem Bewusstsein, von Intimität und Transzendenz.

Die erweckende Berührung zu Beginn des neuen Menschheits-Zyklus
Die erweckende Berührung, die in dieser Zeit zu einer grossen kollektiven Bewegung führt, bezweckt heute die Wiederherstellung der kosmischen Ordnung in Schönheit in uns. Die lebendige Bewegung (vielleicht manifestiert sie sich als eine Erschütterung) weicht Starre und Lähmung auf, bringt Verbogenes wieder in Fluss. Die heilende, aus Christus hervorgehende Bewegung und Wandlungskraft holt uns aus der Welt der Vorstellungen in die wahre Welt der Wirklichkeit. Sie weckt unsere Schöpferkraft und bringt die Menschheit jetzt in einen Prozess umfassender Wandlung.

Christus ist der uns Ansprechende und uns Bewegende. Wir sind die Angesprochenen, die Berührten, die Bewegten, die selbst zu Berührenden werden sollen.

Hören wir ein Zitat des Künstlers und Schamanen Joseph Beuys:

&#Die Christuskraft, ... das Evolutionsprinzip kann nun aus dem Menschen quellen, es kann aus dem Menschen hervorbrechen, denn die alte Evolutions ist bis heute abgeschlossen. Das ist der Grund der Krise. Alles was an Neuem sich auf der Erde vollzieht, muss sich durch den Menschen vollziehen...
Wer mit dem inneren Auge zu sehen versucht, der sieht, dass der Christus längst wieder da ist. Nicht mehr in einer physischen Form, aber in der bewegten Form, einer für das äussere Auge unsichtbaren Substanz. Das heisst, er durchweht jeden einzelnen Raum und jedes einzelne Zeitelement substantiell, ist das Bewegungselement schlechthin.

Der sich bewegende.....
Die sich bewegende

Es ist also das Auferstehungsprinzip: Die alte Gestalt, die stirbt oder erstarrt ist, in eine lebendige, durchpulste, seelenfördernde, geistfördernde Gestalt umzuwandeln, zu verwandeln.
Das ist der erweiterte Kunstbegriff.“


Das ist von Beuys genau auf den Punkt gebracht.

Christus bringt das Gelähmte in uns und in der Welt wieder in eine lebendige Bewegung. Er bringt das Vergessene und von uns Abgespaltene wieder zurück ins Licht, in dem er es tröstet.
Trost rührt uns. Rührung ist Berührung, Bewegung, Leben. „Denn wie wir überschüttet werden mit dem Leiden Christi, so werden wir durch Christus auch überschüttet mit Trost.“ (2. Kor.1,5)

Die sanfte, barmherzige Bewegung, die aus der Seele kommt,

&# arbeitet an unserer individuellen und kollektiven Heilung; sie bringt uns wieder in Beziehung mit unserer primären Wirklichkeit. Vergebung, die dieser Bewegung eigen ist, bewirkt die Überwindung unserer Ego-Zentrierung.

● sie bewirkt die Wieder-Herstellung der planetarischen und kosmischen Ordnung. Sie erzeugt Schönheit

● sie verbindet uns mit unserer Schöpferkraft. Sie kreiert unser schöpferisches Selbst. Dieses ist die Frucht integralen Bewussseins.

2 Christus: Atem des Lebens

In seinem Buch „Ich ging den Weg des Derwisch“, zitiert Reshad Feild seinen Lehrer „Hamid“:
„Doch erst einmal musst du eines begreifen: obwohl es so aussieht, als spräche ich über ein historisches Ereignis, ist all das, wovon ich rede, in dir selbst, und es geschieht in diesem Augenblick. Es gibt keinen anderen; und was, in unserer Welt, vor zweitausend Jahren geschehen ist, das ist Teil der Entfaltung dieses Augenblicks....
... Dein Körper ist die Jungfrau Maria. Der Geist ist Christus, das Wort, das durch Gabriel, den ewigen Boten, mitgeteilt wurde.
Der Atem ist der Atem der Gnade Gottes, und dieser Atem ist es, der die Seele zum Leben erweckt. Solange die Seele nicht vom Geist belebt ist, gleicht sie dem Vogel, der noch nicht flügge ist. (S. 90/91)

Der heilige Atem bewegt uns auf dem Grund unserer Seele. Wenn wir in ihn, den Strom der Gnade und Barmherzigkeit, eintreten, verbinden wir uns mit allen Schichten und Ebenen der Wirklichkeit. Bewusste Atmung transformiert.

Die ursächliche Berührung lässt unsere Seele erblühen - Mitgefühl
Ich spreche von der intimsten Berührung, die wir uns vorstellen können. Sie bringt uns in Bewegung.
Der Ursprungsgestus, der ein Ur-Segen ist, der im Odem Gottes ist und die daraus hervorgehende erste Liebesbewegung bil¬den den Grund-Rhythmus unserer Seele, der sich auch in den rhythmischen Bereichen des Körpers – insbesondere im Herzen, in der Lunge und im Puls wiederfindet.
Vor dieser Ursprungs-Erinnerung ist unsere Seele überschattet; im Lichte des erwachenden Bewusstseins enthüllt sie sich.
Nochmals Edith Stein:
„Das Entscheidende ist das innere Berührtwerden von Gott ohne Wort und Bild...“

In der Erfahrung der grund-legenden Barmherzigkeit und im Leuchten des grenzenlosen Mitgefühles wird sich die Seele ihrer selbst bewusst. Der Mensch beseelt sich und wird in einem tiefen Sinne menschlich: Christus-Mensch. Der Christus-Mensch oder das Christus-ICH durchwirkt nun die biologisch-soziale Körperlichkeit des Menschen. Wir sprechen auch von der zweiten Geburt des Menschen, der nun bewusst seine Vergöttlichung erfährt und an ihr teil nimmt. Die Ausstrahlung des Christus-Selbst erfahren wir als ein weiches, mitfühlendes Leuchten. - Das Ewige ist im Zeitlichen erschienen.

Der erweckte Mensch lebt in einem Geisteszustand bewusster, lauschender Anteilnahme, im Wissen grenzenloser Zugehörigkeit und Verbundenheit.

Wir öffnen uns dem Sonnenleib, dem kosmischen Leib, wenn wir von der liebenden Präsenz Gottes bewegt werden. Dieser Sonnenleib, versinnbildlicht und ausgedrückt in der Hostie, wird einverleibt, wenn wir bereit sind, ihn zu empfangen. Unser individuelles Seelen-Wesen, das wir sind, ist nun von der Weltenseele und vom göttlichen Leib durchdrungen und durchschienen.

Der kosmische Christusleib ist bewusst gewordene, leuchtende Liebe, Gemeinschaft, die sich in vergebender, barmherziger Anteilnahme und vollständiger Hingabe ausdrückt. Dieser leuchtende Leib, der gleichzeitig aus Geist und erweckter Materie, d.h. durchgeistigter Materie besteht, wird uns (nicht nur in der Eucharistie) jetzt und immer zur Speise angeboten.

DIESER LEUCHENDE LEIB WIRD UNS ZUR SPEISE ANGEBOTEN.


3 Christus: Das Gesicht Gottes. Imago amore.

Das Unerklärliche
Das Leben und die Wirklichkeit von Christus sind letztlich ein Mysterium, ein Geheimnis, dessen Essenz sich uns entzieht, wenn wir sie rational-vernünftig erfassen wollen. Diese Wirklichkeit entzieht sich uns ebenso, wenn wir sie in einem starren, reglementierenden System festhalten wollen. Sie entweicht starren Kirchen-Strukturen. Die Christus-Wirklichkeit liegt im Geheimnis, im Nicht-Nennbaren, in der Leere, wie auch im sinnlich geoffenbarten Sein und in allen Nuancen dazwischen. Archetypische Bilder, Poesie und subtile Klänge sind weit eher geeignet, diese Wirklichkeit zu transportieren, als logische und begriffliche Erklärungen. So ist auch das Gesicht Gottes oder das Antlitz nur erfahrbar, aber letztlich unerklärlich. - Wie lässt sich durch integrale Politik zum Beispiel das Unerklärliche vermitteln? Wie beziehen wir das Unerklärlich in unsere Arbeit mit ein? Dazu später Anregungen.

Der Verströmende

Christus als Essenz allen Lebens ist die dem Menschen zugewandte Seite Gottes, er ist Gott in seiner erfahrbaren und fühlbaren Natur. Noch bevor sich der Mensch – Adam- ausgebildet hatte, existierte Christus in jenem erschauenden Angesicht, aus dem alles Leben strömte.

Im Hymnus des Kolosserbriefes von Paulus steht dazu folgendes zu lesen:

„Er ist das sichtbare Bild der unsichtbaren Gottheit, der Erstgeborene aller erschaffenen Wesen, den in ihm ist ins Dasein getreten alles, was im Himmel und auf Erden ist, die sichtbare und unsichtbare Welt, die Throne und die Weltenlenker, die Urbeginne und die Elohim. Alles ist durch ihn und zu ihm hin erschaffen. Er war vor allem anderen schon da; alles hat in ihm seinen Zusammenhalt. Er ist das Haupt des Leibes, und sein Leib ist die grosse Gemeinde.“

Christus ist die unendliche Ausstrahlung des Liebenden, sowohl in unserem Herzen, wie auch im Universum.
Er ist die sich herab neigende Barmherzigkeit und Güte Gottes; die Verkörperung seines Mitgefühls und seiner Hingabe an die Schöpfung, an den Menschen, als sein Abbild und Erbe.

Christus ist die Menschwerdung Gottes. Er hat die Vergöttlichung der Schöpfung und des Menschen eingeleitet und er begleitet sie. Er zieht die Geschöpfe sanft ins lebendige Licht. Er ist Alpha und Omega.
Aus dem Antlitz Gottes floss und fliesst das lebendige Bild der Liebe. Die Imago amore. Sie ist das lebendige Urbild unserer Seele.

Die Beziehung zwischen Sehnsucht und Licht

Die aufkeimende Sehnsucht zieht das Licht an. Es kann sein, dass wir uns von der Sehnsucht weg reissen lassen in eine Getriebenheit und Unruhe. Führen wir der Sehnsucht aber Vertrauen zu, so wird sie empfänglich und das Licht anziehen.
Das unserer Sehnsucht entgegenkommende Licht ist subtil, zärtlich fein.
Christus ist das, was uns entgegenkommt. Er ist der Entgegenkommende und gleichzeitig der schon immer da gewesene und Da-Seiende.

Er/sie kommt uns entgegen, wenn wir die Hände und unser Herz öffnen.

Was kommt uns entgegen?
Mehr noch als das Schwache und Ungeliebte, mehr noch als den eigenen Schatten, haben wir die Liebe selbst von uns weg gesperrt, in weite Fernen verbannt. Diese abgespaltene Liebe, die wir nicht auszuhalten glauben, will nun zu uns zurück fliessen, an den Ort, wo sie hingehört: ins Zentrum des Herzens.
Christus ist geoffenbartes Mitgefühl, sich herunter neigende Barmherzigkeit, entgegenkommendes, zuhörendes, Anteil nehmendes Licht Gottes.
Er selbst ist unser Kern, den wir ausgesondert haben. Es ist die eigene Essenz, die zu uns zurückkehren möchte. Wir selbst, unser Christus-Selbst möchte wieder dort wohnen, wo sein eigener Wohnsitz ist: im Zentrum unseres Wesens. Es geht darum, unseren eigenen Wesenskern wieder zu integrieren.

Ich beobachtete, dass die meisten Menschen mehr oder weniger davor Angst haben, intensiv zu lieben und geliebt zu werden. Dies hat wohl etwas damit zu tun, dass wir tief sitzende, oft unbewusste Schuld- und Schamgefühle haben. Dadurch bremsen wir uns, uns der Liebeskraft von Christus hinzugeben und unsere Befreiung anzunehmen.

4 Christus - Integrator

Sein Weg der Befreiung und der Auferstehung ist reine Hingabe.
Das gilt auch für den Menschen. Wir entfalten uns durch Hingabe.

Der Christusweg führt durch die Ohnmacht, den Schmerz und das Verachtete hindurch. Christus umarmt es und integriert es damit. Er bringt alles Liegen gebliebene, Vergessene und Verachtete ins Licht. Christus, der Integrator. Göttliche Liebe kann nicht anders, als alles an das Herz zu nehmen, denn LIEBE IST ALLES, ist die Ausstrahlung der Einheit.

Der Weg der Integration und der Wieder-Vereinigung dessen, was auf einer höheren Ebene schon eins ist, ist der Weg des Dienens, der Barmherzigkeit und des Mitgefühls. Das Licht Gottes wirkt in Christus in den verlassenen Kammern unserer Seele. Es wirkt in die verkümmerten Bereiche: individuell, sozial und global.
Das Licht scheint in der Finsternis.

Ganz besonders hier inkarniert sich Gott. In den Folterkammern, in den Kriegsgebieten, bei den Hungernden und Verletzten.
Da nimmt die Auferstehung ihren Anfang.
Christus wirkt in die verlassenen Zellen und Organe unserer Körper, der Seelen und unserer Gesellschaft.

Er spricht das Vergessene an, um es wieder zu beleben und zu bewegen – um es zu integrieren.

Er spricht die Verlassenen an, um sie wieder zu erwärmen und ihnen Platz in der Gemeinschaft zu geben.

Christus, in der Gestalt von Jesus verzichtet auf Ruhm und Erfolg. Er ist ein nackter Gott. Er hat sich auch der Härte unserer Realität ausgeliefert.
Wir sagen, dass Gott Fleisch geworden sei.

Gott wird Mensch dadurch, dass er herabsteigt, um uns empor zu heben. Gott wird Mensch, indem er sich inner-seelisch und sozial und gesellschaftlich einsetzt und keine Tiefen und Abgründe scheut. Sein Engagement besteht vor allem darin, dass Er sich dem Bedürftigen und Vergessenen auf allen Ebenen annimmt.
So werden auch wir menschlich. Wir vermenschlichen uns, indem wir herab steigen und uns dem Vergessenen annehmen, in uns und in der Welt. Dadurch integrieren wir es.
Wenn wir uns dem Vergessenen gegenüber öffnen, kann uns unsere Christusnatur (Vergleiche: Buddha-Natur) leicht berühren. Hingabe und Engagement öffnen uns, leiten uns zu dem, was wir sind.

Bewegung und Integration
Erst, wenn das Gelähmte und Erstarrte wieder in die Bewegung des Lebens kommt, kann es integriert werden. Deshalb können wir Christus in einem Atemzug als den Tröster, den Bewegenden und den Integrierenden nennen.
Das Leben offenbart sich uns zuweilen in der Erfahrung lebendigen Lichts. Lebendiges Licht ist etwas ganz anderes als physisches Licht. Es ist leuchtendes anrührendes Leben in unendlicher Schönheit, wie es sich der Verstand niemals vorstellen kann. Es ist Leben aus dem Ursprung, aus dem ursprünglichen Angesprochen-Sein, die in jener Bewegung ausgedrückt ist, von der ich gesprochen habe.

Jenes Angesprochen-Sein ertönt aus der Stimme Gottes. Das Wort, das ein göttliches Wesen ist und alles Leben enthält vibriert in dieser geheimnisvollen Stimme, die aus der unendlichen Stille hervorkommt und alles in eine sehr helle Vibrations versetzt.
„Im Urbeginn war das Wort und das Wort war schaffend bei Gott, und ein göttliches Wesen war das Wort.“ Übersetzung v. Emil Bock. - Zitiert nach Joachim Pfeffinger)

II. TEIL: DIE BEWUSSTSEINS-REVOLUTION DES JESUS VON NAZARETH

5 Jesus, das Licht der Welt

Hingebungsvolle Menschen, Propheten, Eingeweihte und natürlich Maria, als Verkörperung der Reinen und Hingebungsvollen, bereiteten für die Geburt der Christuswiklichkeit den Boden. Dadurch konnte Jesus erscheinen. Er war der von Gottes Gegenwart Erfüllte, das lebendige Licht, welches in der Lage war, gleich einem Blitz, uns an unsere Gottes-Ebenbildlichkeit zu erinnern. Er war und ist die Brücke über den Abgrund. Wir haben uns von unserem innersten Herz-Zentrum abgesondert und entfremdet. Wir haben uns von unserem Eigensten, von unserem Wesenskern distanziert. Der Bruch, der Sündenfall ist in uns. Christus ist sowohl die Brücke zur Wieder-Vereinigung, wie auch das Geeinte selbst. Die Trennung von unserem göttlichen Selbst schwächt uns und macht uns angreifbar für die Kräfte, die aus der Angst kommen.

„Wie der Blitz bis zum Westen hinleuchtet, wenn er im Osten aufflammt, so wird es bei der Ankunft des Meschensohnes sein.“ (Math. 24,27).

Das Herz ist zuerst der Ort der rastlosen Sehnsucht, wird dann zum Ort der lodernden Leidenschaft und des Leidens, der Tränen und des Schmerzes. Wenn das Licht unser Herz-Zentrum berührt hat, beginnt unsere zweite Schwangerschaft in der Gebärmutter aus Licht. Befreit und geheilt im Licht der radikalen Vergebung werden wir zum Ort der Geburt Christi. Jetzt beginnt das Göttliche ein Leben als Mensch zu führen.
Das Einfliessen und Einwirken des Christus ist nicht einfach nur symbolisch zu verstehen. Dies ist sehr viel mehr als ein Gleichnis.
ES IST REALITÄT. ES IST DIE WIRKLICHKEIT. Es ist das, was aus der Zeitlosigkeit in das Zeitliche einbricht. Im Prozess der Christuswerdung, indem sich das Christus-Selbst entfaltet, werden wir psychisch und körperlich durchdrungen und umgewandelt. Wir fühlen uns in diesem Prozess in und aus Liebe bestehend.

6 Zeugnisse

Hören Sie hierzu das Selbst-Zeugnis von Mystikern:

Neben mir liegt eine Karte von Pedro Arrupe SJ, der langjährige Ordensleiter der Jesuiten. Darauf wird er zitiert:

„Für mich ist Jesus alles. Nur so kann ich ausdrücken, was Jesus in meinem Leben bedeutet: alles. Er war und ist mein Ideal seit meinem Eintritt in die Gesellschaft Jesu, er war und bleibt mein Weg, er war und ist noch immer meine Stärke. Ich denke, es ist nicht nötig, viel zu erklären, was das heisst: Nehmen sie Christus aus meinem Leben, und alles wird zusammenstürzen, wie ein Körper, dem man das Skelett, den Kopf und das Herz wegnimmt.“

Viele Christen sind mehr als verliebt. Sie enfalten durch die Gegenwart von Christus so viel Liebe bis nichts mehr übrig bleibt als eben diese all-umfassende.

Oder hören Sie Ernesto Cardenal:

„Die unverfälschte Substanz unseres Wesens ist Liebe. Wir sind ontologisch Liebe. Und auch Gott ist wie ein einziger Liebesschrei, eine unendliche Leidenschaft und ein unendlicher Durst nach Liebe. Unsere einzige Daseinsberechtigung ist diese Liebe.“

Schliesslich noch eine Strophe eines berühmtem Gedicht von Johannes vom Kreuz (aus:“Die lebendige Liebesflamme);

„Wie sanft und liebkosend erwachst du in meinem Schoss,
wo du allein insgeheim wohnest!
Und in deinem köstlichen Hauch,
von Gutem und Herrlichkeit voll,
wie zartkosend machst du mich verliebt.“


Hören Sie schliesslich Khalil Gibran:

Meister, Meister aller Sänger,
deine Tränen waren wie Maischauer
und dein Lachen wie die gischtweissen Wellen
des Meeres,
deine Worte waren das Flüstern
vom Feuer entfachter Lippen.
Du lachtest für ihren innersten Nerv,
der noch nicht zum Lachen bereit war,
du weintest für ihre Augen,
die noch trocken waren.
Deine Stimme zeugte ihre Gedanken und Erkenntnisse,
deine Stimme brachte ihre Worte und ihren Atem zur Welt.

(aus „Jesus Menschensohn“)

„Du weintest für ihre Augen, die noch trocken waren“. Über diesen Satz liesse sich gut meditieren. Sind diese Christus-Tränen uns heilendes Lebenswasser, das wir benötigen, um unsere Verkrustungen und unsere Dörre aufzuweichen?

Die Beziehung Mensch – Gott ist eine Liebesgeschichte, verdichtet in Christus, die uns in der Tiefe verwandelt und Auswirkungen hat auf die Menschheitsgeschichte und unsere Geschichte mit Mutter Erde. Diese Geschichte bleibt kein Traum. Sie verwirklicht sich auf allen Ebenen des Seins.
Das, was in Verwirklichung bringt ist HINGABE.
Unsere Christus-Natur ist eine hingebende, strahlende. Noch einmal Cardenal:
„Die unverfälschte Substanz unseres Wesens ist Liebe.“

7 Jesus, der Sänger

Wieso bezeichnet Gibran Jesus u.a. als Sänger? Jesus verkörpert den universalen Gesang, jener Ur-Gesang, aus dem alle Schöpfung hervorbrach und hervorbricht.
Singend schöpfen wir. Die Kraft des Gesanges ist Schöpfungs-Gesang. Klang, der aus dem Herzen kommt ist schöpferisch. In dieser Zeit des gegenwärtigen Wandels geschieht nichts grundlegend Neues über das Medium des rationalen Denkens, Konstruierens und Planens, sondern durch unseren Gesang, der aus der göttlichen Stimme hervorgeht.
Lasst uns das neue Bewusstsein ins Leben singen.
Mit Singen meine ich, sowohl das äusserlich-klingende Lied, wie auch den inneren Gesang als Klang unserer Seele. Stimmen wir unseren Gesang in den Klang der Schöpfung ein, nehmen wir an ihr teil.
Hinzu geselle sich die liebende Berührung und der Atem der Barmherzigkeit, der alles, wirklich alles, durchströmt.

Die ekstatische Liebe katapultiert uns aus unserer Ego-Gefangenschaft.

Liebe wandelt; Liebe integriert.

8 Jesus, der liebende Revolutionär

In Jesus inkarnierte das Christus-Bewusstsein tiefer und umfassender als zuvor.
Wäre Jesus grob gewesen, hätte er triumphiert, so wäre er wahrscheinlich nicht umgebracht worden. Seine Sanftmut, seine liebevolle Radikalität, die aus dem höchsten Bewusstsein kam, machten ihn in den Auge der Mächtigen untragbar. Er kehrte die damaligen Wert, wie auch die heutigen vollständig um:

  • Er predigte konsequente Geschwisterlichkeit, an Stelle von Konkurrenz.
  • Er forderte vollständige Vergebung statt Vergeltung.
  • Er hob die gewohnte Trennung von der Erde hier und dem fernen Himmel dort auf: „Das Himmelreich ist mitten unter euch.“
  • Er stellte das auch heute hoch bewertete „Sich-Sorgen“ machen vollkommen in Frage und stellte an die Stelle von Ängstlichkeit und Kummer, Vertrauen und Liebe.
  • Er forderte konsequent Solidarität und Mitgefühl mit allen Menschen, besonders aber mit den Verlassenen, Kranken, Benachteiligten und Armen. Er rief auf, auf Reichtum und die Anhäufung von materiellen Gütern zu verzichten. - Jesus kleidete seine Liebe manchmal in gewaltfreie Provokation und Konfrontation. Seine gesellschaftlichen Stellungsnahmen waren wahrhaftig, direkt und konsequent. Liebe schliesst lebensdienliche Aggression nicht aus, wenn sie von Mitgefühl getragen sind. Auf der zeit-räumlichen Ebene entwickelt die Liebe jene Eigenschaften im Menschen aus, die sowohl seinem Wesen entsprechen, wie auch auch in der jeweiligen, gegenwärtigen Situation erforderlich und hilfreich sind.
  • Er stellte die Liebe über das Gesetz und das Einhalten von Normen.
  • Durch sein Modell lebte er den völlig unbekümmerten Umgang mit Menschen aus allen Schichten und beiden Geschlechtern vor.
  • Er sagte, dass Dienen nötig sei und die Bereitschaft, sich der Ohnmacht zu stellen, an Stelle von Dominieren und Herrschen.
  • Er lebte Hingabe vor und zeigte den Weg auf, Kontrolle und Angst zu überwinden.

Jesus lebte, fühlte und handelte global. Er war und fühlte sich auch als Menschheit, als den Menschensohn oder den Sohn der erwachenden Menschheit. Er war erfüllt von Vergebung und Mitgefühl und in vollständiger Verbundenheit mit allen Geschöpfen und dem Erdenleib. Sein Leib und der Erdenleib waren in tiefstmöglichem Austausch. Sein göttlicher Atem verband sich mit dem Globus, seine Erlösungsarbeit brachte den Erdenkörper – auch den Aetherleib der Erde - in eine höhere, zartere und hellere Vibration. In seiner Auferstehung hob er und hebt er uns und die Erde an. Sein Licht des Bewusstseins und seine all-umfassende Liebe verband und verbindet sich mit der Schöpfung, der Materie.
Natürlich war die materielle Welt schon immer Teil des Einen, schon immer im Leuchten der Gottes-Gegenwart, doch gleichsam von uns Menschen vernachlässigt worden, wie sie es immer noch ist. Christus durchbricht diese Vernachlässigung mit seinem liebenden Erkennen. Christus in uns, ist die Kraft, die wieder in Beziehung setzt, was abgebrochen ist. Re-Integration ist die Grundkraft der Heilung, die aus seiner Liebe quillt. Christus – Integrator. Christus-Sonne.
„Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz...“ (1. Kor.13)

Diese Stelle aus dem Konrintherbrief ist bekannt. Es wir gesagt, dass alles, was wir ausserhalb der Liebe tun ohne Seins- und Wandlungskraft ist. Ein paar Merkmale der wahren Liebe werden genannt, wie:

„Die Liebe hat den langen Atem, gütig ist die Liebe, sie eifert nicht, Die Liebe prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf, sie ist nicht taktlos, sie sucht nicht das ihre,“

Die Liebe ist ein Zustand ausserhalb des Egos, die unsere Regeneration und die der Erde ermöglicht. Christus ist jene Kraft, die aus der Einheit strömt, die diesen Wandel ermöglicht. Die besten Konzepte und Einsichten über integrale Arbeit in Bewusstseinsentwicklung und Politik kommen zweifellos nur dann zum Tragen, wenn wir der Liebe in uns Raum geben und uns dem göttlichen Strom der Liebe öffnen. Ohne Liebe kann sich Wissen nicht erden. Erkenntnis und Liebe gehören zusammen. Sie sind die beiden Seiten einer Medaille.

III. TEIL: AUSWEITUNG DER CHRISTUS-WIRKLICHKEIT

9 Übertragung durch Berührung - Integration

Der Prozess, sowohl der Vermenschlichung, wie auch der Vergöttlichung (was ist der Unterschied?) vereinigt sich in unserem Christus-Selbst. Von der Liebe berührt, werden wir Liebende. Liebe wandelt in der Tiefe. Nur sie. Sie ist die Kraft der Wandlung. Die innere Seelen-Bewegung, die in der ursprünglichen Berührung wachgerufen wird, wandelt uns. Ausserhalb der Liebe ist keine wahre Wandlung möglich. Liebe und Hingabe sind die Basis aller Transformation. Das neue Bewusstsein wird im Herzen geboren. Was wir auch immer an diesem Kongress Denken und sagen; es beginnt erst zu tragen, wenn es im Herzen gereift ist.
Damit es im Herzen reifen kann, müssen wir bereit sein, uns immer wieder zu entleeren, bereit zu sein mit leeren Händen ins Nicht-Wissen einzugehen. Reine Liebe fliesst aus dem Nicht-Wissen. Das schöpferische Selbst legt sich in unsere Hände, wenn wir es lassen. Der Christus-Gesang, der in uns schlummert, geht von selbst hervor. Er geschieht, er ertönt. Diese Berührung, von der ich spreche, geht aus jenem geheimnisvollen Ursprung hervor, der an Hauch erinnert. Wir werden keine integrale Bewegung machen können, doch wir können uns auf die Bewegung, die aus der Tiefe fliesst, einstimmen, ihr zustimmen und sie mitgestalten. Jesus hat diese Haltung auch Armut genannt.

Das Christus-Ich manifestiert sich durch bewusste Berührung, durch Gesang, Tanz und bewusste Atmung. Nur wenn wir selbst die göttliche Berührung, die vom Unfassbaren ins Fassbare quillt, zugelassen haben, wird es uns möglich sein, durch liebende Berührung, die Gotteserinnerung in den Herzen anderer auszulösen.
Wir berühren, indem wir die Welt, insbesondere die Menschen, physisch zärtlich berühren.
Wir berühren uns und die Welt, wenn wir mit dem innere Auge und Ohr sehen und hören. Auge und Ohr stehen für Licht und Klang.
Wir berühren die Welt (und die Menschen) indem wir ihr unsere Lieder singen.
Wir berühren die Welt, indem wir uns und sie tanzend berühren.
Wir berühren das Geschaffene, indem wir ihm bewusst zu-atmen.
Dadurch nehmen wir am Prozess der Verlebendigung und der Erweckung teil.
Dies ist die Weise, wie wir die Lichtsamen durch Freunschaft und Liebe einpflanzen, eben tanzend und singend, atmend und tastend.
Diese Berührung, die ich meine, kommt aus dem Bewusstsein der göttlichen Gegenwart, des ICH-BIN-DA. So kommt das Licht auf die Reise – das Licht, das der Sehnsucht folgt.

Taktilität und Zärtlichkeit.
Leben überträgt sich, insbesondere beim kleinen Kind über zärtlichen Körperkontakt. Die Haut leitet die Präsenz und Zärtlichkeit der Liebenden. Emotionale Intelligenz entwickelt sich weitgehend durch zärtliche Körpernähe. Friede ist ohne entwickelte Zärtlichkeit nicht möglich. Wenn die Zärtlichkeit getragen ist im gefühlten Wissen unendlichem Aufgehobenseins, kommt diese Erfahrung auf Wanderschaft.
Integrales Bewusstsein, das in die menschlichen Körper fliesst, kann sich verkörpern und verwirklichen. Das neue Bewusstsein baut sich nur mit und durch dem Leiblichen auf. Das Leibliche will nun sehr tief erkannt und geliebt werden. Die meisten von uns, sind noch nicht vollständig inkarniert, nicht zuletzt deshalb, weil unsere Gesellschaft ein zutiefst gestörtes, ausbeuterisches Verhältnis zum Materiellen hat. Noch einmal: Wenn wir das Materielle, Körperliche, nicht wieder in seiner Wirklichkeit erkennen (auch in seiner verborgenen Lichtkraft) wird keine substantielle Änderung stattfinden können. Vor allem anderen: Lasst uns das Körperliche ehren. Es ist unser Fundament und es ist unser Medium, durch welches wir uns verwirklichen. Wie sollten wir uns vergeistigen, ohne uns je wirklich im Leben verkörpert zu haben? Jetzt in diesem Stadium unseres Seins, sind wir Erdenwesen. Dagegen wehren wir uns dadurch, dass wir Erde kontrollieren und bestimmen wollen. Es ist aber unsere Bestimmung, das Erdige, Materielle zu werden, es zu ehren und in der Tiefe zu verstehen. Dadurch entfaltet es sich und dadurch entfalten wir uns selbst. Dadurch wird Erde-Mensch Licht gebären können.

Sehen und Hören.
„Das Licht des Leibes ist das Auge. Wenn dein Auge lauter ist, wird dein ganzer Leib von Licht erfüllt sein.“ (Matth.6,22)
Das gilt auch für das Ohr. Ist es geklärt (gereinigt) und mit dem inneren verbunden, entsteht in diesem leeren Wachstums-Raum ein heilender Klang innen und aussen.
Wir werden LichtgeberInnen sein können, wenn wir uns geläutert haben und wir werden heilende Lieder singen können, wenn unser inneres Ohr gelernt hat zu lauschen. Licht und Klang haben unsere Augen und Ohren geschaffen.

Singen aus dem Herzen ist heilend. Der Gesang vertieft sich, wenn wir für etwas singen. Zum Beispiel für die Erde. Lasst uns für die Erde singen. Wir erreichen sie unmittelbarer, wenn für sie singen. Lasst uns das konkret erfahren. Die Erde ist, wie wir alle wissen schwer verletzt. Wir helfen die Christuskraft, die sich mit dem Planten verbunden hat, aufzuwecken, wenn wir liebevoll für sie singen.
Die sich offenbarende und sich verteilende, gebende Liebe ist ein grosser Gesang, der die Welt in eine lebendige, hohe Vibration versetzt. Diese Vibration kreiert neues Leben -unendlich. In einem schwingenden und singenden Klang. Verbinden wir uns mit diesem Liebes-Gesang, der alles verschönert und ewig neu ordnet zu einer unendlichen Symphonie.

Tanzen. Es ist unendlich wichtig, dass wir oft innerlich und äusserlich tanzen. Wir sind linear konditioniert.
Die Bewegung des Lebendigen ist rund: wellenförmig, kreis- und spiralförmig. Dieses Runde können wir nur integrieren, wenn wir uns weich bewegen. Am besten eignet sich der beseelte Tanz, der aus dem Herzen kommt. Er macht uns biegsam und ansprechbar für die Botschaften der Seele.

Atem. Im bewussten Atem verbinden wir uns am natürlichsten mit allem, was ist. Der Atem leitet das Licht der Liebe und Barmherzigkeit. Der Atem verströmt und mehrt das lebendige Licht. Bewusst Atmung transformiert. Das Innere des Atems ist Geist. Wenn wir lernen, Sprechen und bewusste Atmung zu verbinden, werden wir die Menschen, an die wir uns wenden auf einer tieferen Schicht erreichen. Bewusstseinsarbeit erfordert Atembewusstsein.

Weisheit und sich jetzt bildende neue Gesetze werden sich verstärkt über weiche und runde Formen und Licht-Muster vermitteln. Damit wir sie gut und unverfälscht empfangen können, ist es wichtig, dass wir „das Runde“, Wellen- Kreis und Spiral-Formen in unseren Ausdrucks- und Kommunikationsweisen entwickeln.

10 Wandlung

Vergebung

Es sind nun bald zwanzig Jahre her, als ich im Traum ein Stimme hörte, die mir in aller Kraft und Eindringlichkeit sagte:

In Christus
wurden unzählige Reinkarnationen
früherer, gegenwärtiger
und zukünftiger Generationen
brutalisierten Lebens
ausgesetzt,
um in der Flut
seiner Vergebung
befreit und geheilt zu werden.

Wie können wir individuelle und kollektive, karmische Kreisläufe zwanghafter Wiederholungen auflösen und heilen?

Die Antwort von Jesus ist: Durch radikale und vollständige Vergebung. Nur wenn wir mit der Quelle verbunden sind, ist uns radikales Verzeihen möglich, denn das Ego fürchtet Vergebung, weil sie es zerstört. Vergebung hat bei uns selbst zu beginnen. Dabei sind folgende Schritte nötig:

  • Wir erkennen und anerkennen Schuld und Unrecht und lassen alle dazu gehörenden Gefühle zu. Insbesondere die Kraft lösender Trauer.
  • Wir verbinden uns mit der göttlichen Quelle und mit dem Licht des Verzeihens und lassen dieses in hingebender Transparenz durch uns fliessen. Es hilft, wenn wir uns dabei bewegen und tanzen.

Diese beiden Schritte üben wir idealerweise täglich.
Die Wandlung erfordert einen tief gehenden Läuterungsprozess.

Die Bewegung, die aus dem Herzen kommt.
Die sich verstärkende Wandlung der Erde und der Menschheit, die von selbst geschieht, wenn wir uns der Christus-Wirklichkeit anvertrauen, können wir auch als Hingabe an das Leben verstehen. Diese Wandlung ist wahrscheinlich viel umfassender und intensiver, als wir sie uns vorstellen können. Alle Seins-Ebenen werden davon betroffen sein. Ihr werdet euch vielleicht fragen, wie die Wandlung von selbst geschehen kann: Das höchste Selbst – ich nenne es das Christus-Selbst – wandelt, so wie das Leben das Kind von einer in die andere Entwicklungsphase führt. Das wahre Selbst, wir können es auch Bewusstsein und Liebe nennen, ist die Substanz unserer Mitte. Aus dieser geht die Evolution hervor. Wir können dieser Bewegung, die aus dem Herzen kommt zustimmen und sie hilfreich unterstützen mit dem uns Möglichen oder wir können ihr Widerstand entgegensetzen. Wir können jedoch die nötige Entfaltung nicht machen und nicht mit unserer Ratio voran treiben. Im Gegenteil, der Verstand kann (wenn er nicht dient) den natürlichen Prozess der Entfaltung, den wir als ein Geschehen betrachten, verlangsamen.
Teilhard de Chardin: „Ich empfange mich weit mehr, als ich mich selber schaffe.“ In Mehrzahl hiesse das: Wir empfangen uns weit mehr, als dass wir uns selbst schaffen.

11 Die Vision des kosmischen Christus - Bildung der Licht-Materie

Die Sonne hinter den Sonnen durchströmt die physischen Sonnen, durchflutet unser Herz und unser Kosmos.
Der berührte, ergriffene Mensch entwickelt neue inner-seelische Geburtsräume zartester Art. Der Lauschende erfährt, dass er, dass wir alle, aus der unendlichen Liebe hervorgegangen sind. Diese gefühlte, von Dankbarkeit erfüllte Erkenntnis ist das „Geburtswasser“ der wahren Geburt unserer Vermenschlichung als Menschentöchter und Menschensöhne und damit unserer Vergöttlichung.
Die Menschwerdung als Mitfühlende und Anteilnehmende, leitet unsere Vergöttlichung ein.

Das lebendige Bewegt-Sein unserer licht-durchlässigen Trauer leitet unsere Auferstehung ein und beendet die Entfremdung von unserem eigenen Leben und der eigenen Lebenskraft.
Dadurch wird Kraft und Fülle freigesetzt.
Der neue Mensch steigt aus dem Wasser des Verzeihens, des Mitgefühls und der Barmherzigkeit , worin der getauft worden ist.
Er feiert seine Lebenskraft, das Leben schlechthin, welches er als Segen erkennt.
Der Mensch wird seine Arbeit aufnehmen mit beiden Händen in dieser behinderten, verletzten und verstörten Welt. „Was Liebe in dir weckt, das tu.“ (Theresa von Avila)

In den zarten Lichträumen, die sich im berührten Menschen bilden, entwickelt sich eine Art Stoff, gewoben aus Licht und Materie, Stoff aus Zärtlichkeit und Mitgefühl , Stoff der atmet und strahlt. Die Seele des erwachten Menschen wird weit mehr Licht bilden können, als es ihm jetzt noch möglich ist.

In der Christusliebe geschieht das Wunder der Bildung des „leuchten¬den Brotes“ (oder des mystischen Leibes). Es ist aus sehr feinem, leuchtenden Stoff gemacht, wel¬cher nur vom inneren Augen des Herzens erkannt werden kann. In dieser heiligen Licht-Matrix – ich meine damit den inneren zarten Geburtsraum, der barmherzige Materie, bzw. leuchtendes Brot bildet – wird die neue Erde geschaffen, Stück für Stück, Atom für Atom, Molekül für Molekül, bis die Erde von dieser neuen Licht-Materie durchdrungen ist wie Teig von Hefe, wodurch das Brot aufgeht. - Die neue Erde: ein lebendiger Leib Brot: duftend, nährend, frisch.

Der Begegnungs-Raum, der von Erkenntnis und Dankbarkeit erfüllt ist, wird Schöpfungs-Raum.
Hier, im liebenden Herzen des Menschen, das in Kommunion ist, wird Geist-Materie gebildet. Da entsteht an duftendes Brot erinnernde Licht-Materie, die in alles eingeht, was existiert.




Werner Binder 08


BEWUSSTSEINSENTWICKLUNG IN HOLISTISCHEN GEMEINSCHAFTEN UND NETZWERKEN
Vortrag von Werner Binder, gehalten anlässlich der HOLON-Sommer-Tagung 2005

Teil 1

BEWUSSTSEINS-ENTWICKLUNG IN HOLISTISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Der große Unterschied eines spirituellen holistischen Netzwerkes zu einem nicht-holistischen Netzwerk / Gemeinschaft besteht darin, das es nicht nur um partikuläre Interessen oder Gruppeninteressen geht, wie zum Beispiel die Stärkung des beruflichen Einflussbereiches, sondern eben auch um die Verbindung zu allen Kräften, denen es um das Wohl des Ganzen (der Erde, der Menschheit) geht.

Das Netzwerk HOLON ist also nicht, wie es schon gewünscht worden war, primär eine Bühne zur Selbstdarstellung seiner Mitglieder, sondern eben etwas Umfassenderes.

In den letzten ca. 30 Jahren wurde es vielen Menschen klar, dass es der Heilung bedarf, weil die Menschheit in einer sich verschärfenden Krise steckt. Vielen wurde es deutlich, dass wir nicht darum herum, sondern nur durch die Krise hindurch kommen, weil wir mitten drin sind. Dies wurde nicht einfach bloss kognitiv erkannt; zahlreiche Menschen fühlen sich tief berührt vom Leiden der Geschöpfe auf unserem wundervollen Planeten.

Es gab und gibt Stimmen, die versuchen, diese Menschen – dazu gehören wir auch – lächerlich zu machen und auszugrenzen: „Das sind eben diese New Age-Anhänger, diese „Weltuntergangsapostel“ und verwirrte Esoteriker, usw. Man versuchte die Menschen, die erkannten, dass wir in einer fragilen Übergangssituation sind, zu marginalisieren und abzuwerten.
Daneben gibt es aber auch berechtigte Kritik an neueren pseudo-spirituellen Strömungen, insbesondere dann, wenn sie Teilwahrheiten verabsolutieren und/oder kommerziell ausbeuten.

Wachen Menschen ist es sehr deutlich geworden, dass wir uns am besten damit helfen, indem wir dem Wohle und der Entfaltung des Ganzen, dem Gesamt-Organismus, dienen.

Global gesehen, gibt es meiner Meinung nach zwei Tendenzen: Einerseits drängt Lebenskraft zur Geburt eines erweiterten Bewusstseins, andererseits gibt es eine das Wachstum lähmende Energie.

Was drängt zur Geburt? Ich meine, dass es das Menschheits-Selbst ist, das zur Geburt drängt, das Gefühl, eine Menschheit zu sein - nicht nur als ein Gedanke, sondern wirklich als ein Gefühl und ein tiefes Verstehen, dass wir nicht nur Einzelmenschen sind, sondern auch „Menschheit“ sind. „Ich bin auch Menschheit“. Dieses Gefühl will jetzt geboren werden. Also: ein neues umfassendes globales Wir-Gefühl: wir sind Teil der Erde und eingebettet in den Kosmos; wir sind Teil des Kosmos, wir sind vernetzt mit ihm. Dieses Gefühl und diese Wahrnehmung ist dabei, sich zu entfalten. Das bewegt uns. Deshalb sind wir hier, wie Tausende andere Gruppen auch, die sich von diesem „Hebammendienst“ angesprochen fühlen. Wir sind Hebammen eines erweiterten Verständnis dessen, was es heisst, ein Mensch zu sein.

Gleichzeitig spüren wir neben dieser schöpferischen Kraft auch eine niederdrückende, depressive Schwere, die Ohnmacht und Lähmung bewirkt. Wir sehen eine unglaubliche Hinnahmebereitschaft von Unrecht. Die Friedensbewegungen sind zusammengebrochen oder köcheln auf Sparflamme im Hintergrund. Kaum einer geht mehr (um ein Beispiel zu nennen) auf die Straße wegen Tschetschenien. Mitten in Europa herrscht Völkermord, Krieg - über Jahre. Es ist grässlich. Und es geschieht nichts. Niemand in der Politik will es sich mit Putin verderben. Und wir schauen dem gelähmt zu. Ein zweites Beispiel: Es gibt Unternehmen, die Tausende von Leute entlassen, bei höchsten Gewinnmargen und allerhöchsten Managerlöhnen und niemand schreit auf. Das ist diese „Verstummung“, diese lähmende Verstummung.

Es ist merkwürdig: Wir sagen, dass wir in einer Gesellschaft seien, die immer rascher werde. Eine unheimliche Beschleunigung sei da und das stimmt auch. Aber das ist nur der eine Pol. Der andere Pol ist jener der Lähmung, der Langsamkeit, und der Unbeweglichkeit. Wir befinden uns zwischen diesen Polen. Ich erinnere mich noch einmal daran, was der Philosoph Jochen Kirchhoff (1) vor zwei Jahren in einem Vortrag gesagt hat: der Mensch, die Menschheit, die Gesellschaft sei neurotisch. Der Mensch sei nach „oben“ wie nach „unten“ abgeschnitten: nach „unten“ nicht mehr verwurzelt mit der Mutter Erde (heute ist die Mutter Erde vielleicht wieder ein Begriff geworden, aber wir sind erst gerade dabei, sie wieder wirklich zu spüren) und abgeschnitten nach „oben“, nämlich vom kosmischen Eingebettetsein. Wir sind also nach oben und nach unten nicht mehr genügend verwurzelt.

Ohne den Zustrom dieser beiden Kräfte von oben und von unten kann kein qualitativer Wandel geschehen. Wir brauchen den Zustrom kosmischer Energie, göttlichen Bewusstseins, damit qualitativ etwas verändert werden kann. Also: aus diesem Verwundetsein heraus, das wir spüren, entsteht der Kanal der Heilung. Seit Langem hat sich der Heilungsimpuls gebildet, den wir in unserem Herzen fühlen. Aus diesem Heilungsimpuls, dem wir dienen wollen, der aus der Not geboren worden ist, sind in den letzten 20-30 Jahren Bewegungen und Zentren entstanden, die der Heilung und Ganzwerdung dienen wollen.

Eine die Bewusstseins-Entfaltung mittragende Bewegung (z.B. ein Netzwerk), kann nicht einfach auf dem Reissbrett konstruiert werden; sie erwächst aus der visionären Erfahrung berührter Menschen. Deshalb wollen wir uns der Bedeutung des Empfangens und der Entwicklung von Visionen zuwenden:


Visionsentwicklung

Die Vision entsteht im Schnittpunkt-Bereich der verschiedenen Wirklichkeits-Ebenen, die da u. a. sind:
Zeit / Zeitlosigkeit, individuelles und kollektives Bewusstsein, Universalität / Lokalität.
Die Vision erscheint in einem offenen Wahrnehmungsfeld (Weitblick). Sie bedeutet eine intuitive Schau/Erkenntnis, die aus dem Wesenskern dann aufsteigt, wenn wir bereit sind, uns berühren und beschenken zu lassen. Wenn wir eine Vision empfangen dürfen, sind alle Schichten unseres Menschseins beteiligt und angesprochen.

Ich möchte drei Arten, bzw. Ebenen von Vision unterscheiden im Wissen, dass diese Ebenen durchlässig und miteinander verknüpft sind:

  • Visionen über den menschlichen Ursprung und über den Ursprung aller Schöpfung, können uns dann erscheinen, wenn wir danach fragen, wer wir sind.
  • Individuelle Visionen vermitteln uns die Einsicht und das Verstehen, welche Aufgaben, Themen, Situationen und Tätigkeiten uns dazu verhelfen, unseren einmaligen Klang innerhalb des Schöpfungsganzen zu verwirklichen.
  • Gemeinschafts-Visionen entstehen aus dem Zusammenwirken ähnlicher und sich ergänzender individueller Visionen einzelner Personen und unsichtbarer Wesen, wodurch ein spirituelles Feld erzeugt wird.

Die Ursprungs-Vision

Menschen erahnen, was Menschsein sein könnte, wie der Mensch eigentlich gemeint ist. In den vielen Meditationen und Ritualen, die heute angewandt werden, beginnen Menschen wahrzunehmen, was es heißt, Mensch zu sein. Die Stichworte sind hier „Christuswirklichkeit“, „Buddhanatur“, „der ursprüngliche Mensch“, „der Lichtmensch“, „der kosmische Mensch“. Wir beginnen wieder zu ahnen, was unsere wahre Natur ausmacht. Wir tragen in uns die Vision des ursprünglichen, wahren Menschen, des Adam Kadmons, in welchem das Weibliche und Männliche eines ist, der eine körperliche, lichte und kosmisch Einheit bildet. Wir tragen dieses Wissen um den Urmenschen, das lange verschüttet war und sich wieder offenbaren möchte, in uns.
Das ist die Ur-Vision, gleichsam der Boden, aus der die Aufgaben erkennbar werden, die wir für unsere Entfaltung benötigen.

Gitta Mallasz in „Antwort der Engel“: „Nehmt ihr den Traum als Wirklichkeit, so wird er immer dichter“. Er verdichtet sich, wird Wirklichkeit.

Don Helder Camara: „Wenn viele gemeinsam träumen, so ist es der Beginn einer neuen Wirklichkeit“.


Die individuelle Vision

Im Laufe unseres Lebens kann es uns dann bewusster werden, wer wir sind, wenn wir die Relativität unserer Prägungen durch unsere Umwelt erkennen und weitere Dimensionen unseres Dasein erfahren. Visionen helfen uns, das innere Wesen zu entfalten, welches mit allen anderen Wesen verbunden ist. Sie zeigen uns auf, wie wir in Wechselseitigkeit dienend uns entfalten können. Sie helfen uns den Klang, den wir darstellen, zu finden und auszubreiten als Teil der grossen Symphonie.


Die gemeinsame Vision - die Entwicklung des spirituellen Feldes

Wenn die Vision in den Herzen jener glüht, die ein tiefes verwandtes Anliegen in sich tragen und diese Glutpunkte (Funken) überspringen und sich miteinander vernetzen, entsteht ein spirituelles Feld. Wenn uns unsere Vision klar ist und je mehr wir sie erfüllen und mit ihr verbunden sind, desto kräftiger und leuchtender wird dieses Feld. Geboren im Herzen, gekräftigt durch Meditation, durch Wiedererinnern dessen, was unser gemeinsames Anliegen ist, bekommt die Vision Kraft.


Das Empfangen der Vision

Dem Empfangen einer Vision geht eine Art von Erschütterung voran. Es ist ein Erdbeben, das uns erfasst. Eine Vision ist nicht einfach ein Gedanke, eine Idee. Sie offenbart sich in umfassender Ergriffenheit. Die Vision will im Herzen getragen und bewegt sein. Es ist wie bei einer Schwangerschaft: Warmes, bewegtes Leben, das innen erlebt wird. Die Vision will im Herzen bewegt sein. Wir tragen sie so lange, bis sie uns trägt, uns Fundament geworden ist. Zuerst tragen wir die Vision, dann trägt sie uns.


Festigung und Erdung der Vision / Geduld

Wenn die Vision klar ist, will sie ausgedrückt und gestaltet sein. Wir setzen sie im Alltag um, erden sie damit. Bevor wir sie erden, wirkt sie als eine Kraft, die so lange unruhig vibriert, bis sie geerdet, verwirklicht ist.

Geduld. Ich gebe der Vision die Zeit, die sie braucht, um sich zu verwirklichen. Das ist Geduld. Diese brauchen wir. Geduld ist eine Frucht des Vertrauens. Wir können die Größe unseres Vertrauens daran erschließen, wie groß unsere Geduld ist. Wenn wir merken, dass unsere Geduld im Laufe des Lebens zunimmt, dann können wir gewiss sein, dass auch unser Vertrauens-Potenzial größer geworden ist.

Wenn wir die Vision in uns bewegt haben und wach sind, dann zeigen sich die notwendigen Aufgaben auf eine natürliche Weise. Wenn wir ganz da sind, im Wissen, worum es uns in unserem Leben, unserer Gemeinschaft geht, erkennen wir die notwendigen Aufgaben zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Kairos nennt man dieses Zeitempfinden, wenn das Zeitliche sich mit dem Zeitlosen verbunden hat. Wenn wir präsent sind, zeigt sich uns das Nötige zur rechten Zeit.

Es gibt eine Tendenz, der Vision oder dem Traum untreu zu werden. Das hängt wahrscheinlich mit unserer kurzlebigen Zeit zusammen. Ihr kennt es wahrscheinlich alle: Wir Menschen empfangen manchmal einen tiefen Impuls: „Das ist jetzt wichtig für mich, das will ich tun“. Und dann ein paar Wochen später: „Ach, ich glaube, es stimmt jetzt doch nicht mehr so für mich, ich bin jetzt an einem anderen Ort, es hat sich etwas anderes gezeigt, ich glaube, ich muss da noch einmal darüber nachdenken“ und so weiter.

Wir haben die Tendenz, die Vision rasch zu verlassen. Die Treue zur Vision ist unwahrscheinlich wichtig, damit sich der Traum verwirklichen kann. Es gibt Impulse, die überschießend sind, die mehr aus Angst und Unruhe entstanden sind. Ich meine nicht diese Impulse, sondern jene inneren Impulse, die eine starke, warme Resonanz auslösen, die sich klar anfühlen. Diese gilt es, vertrauensvoll umzusetzen. Daher ist es erforderlich, dem Handlungsaufruf, der von innen, vom Herzen aufgestiegen ist, treu zu bleiben.

Wenn sie gekräftigt ist, muss die Vision gehütet sein. Es braucht Hüterinnen und Hüter der Vision. HOLON, wie jede Gemeinschaft, braucht Visionshüterinnen und Hüter, damit die Vision lebendig sein kann.


Merkmale und Aufgabenbereiche spiritueller Gemeinschaften

Welche Aufgaben und Herausforderungen sind einer spirituelle Gemeinschaft eigen? Ich zähle im Folgenden Schwerpunkte auf, die meiner Ansicht nach in einer spirituellen holistischen Gemeinschaft bedeutungsvoll sind:


Die Rückbindung zum Fundament.

Ich habe über den wahren, ganzen Menschen gesprochen, über den göttlichen Urgrund, die Wiederverbindung mit dem zuvor Abgeschnittenen. Diese Wiederverwurzelung geschieht durch Meditation, Gebet, Ritual und Achtsamkeit. Es geht, wie ich auch schon gesagt habe, nicht um Profilierung unserer egozentrischen Standpunkte, sondern um Dienen. Dienen heißt Anteil-Nehmen. Wenn ich Anteil nehme, diene ich. Wenn ich zum Beispiel bewusst atme, diene ich dem Strömen des GEISTES. Anteil-Nehmen und Dienen sind ein und dasselbe.


Die Entwicklung des Mitgefühls

Die Ausbildung des Mitgefühles halte ich für das Fundamentalste in unserer Epoche. Wo, wenn nicht in spirituellen Gemeinschaften, wäre ein sinnvoller Arbeitsort dafür?

Im Folgenden möchte ich zwei Aspekte des Mitgefühles nennen:

  • Matthew Fox, der amerikanische Schöpfungstheologe, sagt in einem Gespräch mit Rupert Sheldrake: „Und Meister Eckart sagt ferner: Was man über die Seele wissen kann, muss übernatürlich sein. Es muss aus der Gnade kommen. Denn die Seele ist da, wo Gott Mitleid bewirkt.“ Matthew Fox sagt dazu: „Er will damit sagen, dass wir erst dann eine Seele haben, wenn wir ein Feld werden, auf dem Gott Mitleid wirkt.“(2)

    Der Entwicklung des göttlichen Mitgefühls in uns folgt in natürlicher Weise das soziale Engagement.

  • Der Dalai Lama wird in Zürich einen Vortrag mit dem Titel halten: „Mitgefühl als Quelle des Glücks“. - Es ist eine Erfahrung, die ich mit vielen Menschen teile: Im Gewahrsein des Mitgefühls finden wir zur Quelle des Glücks. Ich glaube, dass Mitgefühl und göttliches Mitleid uns mitgegeben worden sind. Es fließt in allem, was ist. Wir können uns mit dem großen göttlichen Mitgefühl in Verbindung setzen durch bewussten Atem und Meditation. Im Atem können wir uns verbinden mit dem umfassenden göttlichen Mitgefühl und Mitleid.


Harmonie zwischen Aktion und Kontemplation

Aktion wird immer wieder mit Aktivismus verwechselt. Zuerst müssen wir den Weg vom Aktivismus zur Stille finden und dann von der Stille zum Handeln. Aktivismus kommt aus Unruhe und Angst, ist Angst-gesteuert. Handlung, so wie ich Handlung verstehe, kommt aus dem Herzen und damit aus der Liebe und dem Mitgefühl. „Hand aufs Herz“. Hand und Herz gehören zusammen. Also: Vom Aktivismus zur Tat aus dem Herzen, das ist der Weg.

Gandalf Lipinski hat in seinem Vortrag (3) davon gesprochen, dass wir uns schwer tun, ein gutes Verhältnis zum „Handeln“, zum „Tun“ und zum „Machen“ zu bekommen. Zu lange waren wir aktivistisch, als dass wir Handeln als etwas Gutes und Herzliches empfinden könnten. Richard Rohr, der Franziskaner, Friedensaktivist, Kirchenmann und Prediger gründete ein Zentrum für Aktion und Kontemplation. Er erklärte, warum er das Wort „Aktion“ vor das Wort „Kontemplation“ gesetzt hat:

„Wir haben unser Zentrum ganz bewusst „Zentrum für Aktion und Kontemplation“ getauft und dabei die Aktion bewusst an den Anfang gestellt. Wir lernen und werden geheilt, indem wir uns engagieren. Doch das ist ein Glaubensakt. Das kann man niemandem beweisen. Selbstbezogene Menschen möchten das nicht glauben. Sie wollen immerfort in der eigenen Seele herumwühlen. Es ist sehr schwer, Leute über diese Grenzlinie zu kriegen. Ich erinnere mich an die erste Zeit von „New Jerusalem“ (spirituelles Zentrum). Da gab es viele Leute, die stark von der charismatischen Bewegung beeinflusst waren. Sie waren davon besessen, geheilt zu werden und haben sich ständig geweigert für andere da zu sein, weil sie erst einmal selbst heil werden mussten. Wenn sie eines Tages geheilt sein würden, dann würden sie anderen helfen. Diese Leute sind bis heute immer noch nicht geheilt und warten immer noch darauf, geheilt zu werden. Ihr Narzissmus hält sie davon ab, jemals geheilt zu werden.“(4)

Und: „Wo immer ich hinkomme in der Kirche, gibt es Leute, die beten und Leute, die aktiv sind. Diese beiden kommen nie zusammen. Und deshalb fehlt beiden das halbe Evangelium. Beiden fehlt die halbe Wahrheit. Ich bin mir sicher, dass wir im Westen vor allem mit der Aktion beginnen müssen. Die große Versuchung der westlichen Kirche ist gewesen, das Evangelium im Kopf fest zu halten. Da oben kann man Recht oder Unrecht haben. Man kann richtig oder falsch liegen. Jedenfalls bleibt alles immer im Griff. Aktion gestattet uns nie die Illusion der Kontrolle.“ (4)


Trauerarbeit

Ein anderer wichtiger Punkt in jeder spirituellen Gemeinschaft ist: Trauma- und Trauerarbeit. Wie können wir vorwärts gehen, wenn wir das Dunkle, das hinter uns liegt, nicht anschauen?


Also: Wir schauen zurück in unsere persönlichen dunklen Seiten und in die kollektiven dunklen Seiten. Wir weinen über nicht beweinte Kriege, lernen es auszuhalten, das zurückliegende und jetzige Grauen anzuschauen und zu erkennen: Wir sind Teil davon. Dann können wir uns dem zuwenden, was vor uns liegt. Ohne Trauer- und Erlösungsarbeit ist keine wahre Erneuerung möglich. Kein Fortschritt ohne Trauerarbeit!


Rückverbindung mit unseren spirituellen Ahnen

Es gibt noch eine zweite Umkehrbewegung: ich schaue noch einmal zurück und dieses Mal nehme ich Kontakt auf mit den Leuchtspuren vergangener Meister und Meisterinnen, Mystiker und Mystikerinnen, Propheten und Prophetinnen, die in Zeiten des Überganges Weisheit und Güte hinterlassen haben. Rufen wir unsere spirituellen Ahnen an! Wir brauchen ihre Kraft. Wir können die Phase des Überganges nicht ohne ihre Kraft bewältigen. Ohne Rückverbindung mit unseren Wurzeln können wir nicht progressiv sein. Auf dem Boden der Überlieferung können wir fortschreiten.


Die Gemeinschaft als Labor und Werkstatt.

Ich verstehe eine Gemeinschaft, ein holistisches Netzwerk als ein Labor, eine Werkstatt des Wandlungsgeschehens, aus welchem neue Formen zwischenmenschlicher Beziehungen und Gemeinschaften entstehen, die dem erneuerten Bewusstsein entsprechen. Was wandelt? Es ist Hingabebereitschaft und Liebe. Liebe ist die größte Wandlungsenergie. Nicht die persönliche, sondern die allumfassende. Ein holistisch-spirituelles Netzwerk oder eine Gemeinschaft ist ein Lernfeld. Wesentlich ist die Unbekümmertheit des Ausprobierens. Wesentlich ist auch die Bereitschaft, aus dem Scheitern zu lernen. Hier zitiere ich aus einem Interview, das ich mit Claus Eurich, Professor für Kommunikation in Dormund hatte. Er sagte mir:
„In der Ohnmacht erkenne ich meine Grenzen und wenn ich diese annehme, kann ich an ihnen arbeiten, beziehungsweise zu anderen Wegen und Lösungsmöglichkeiten geführt werden. So auch das Scheitern. Leben heißt scheitern. Scheitern heilt vor dem Allmachstwahn und macht empfindsam für die Windungen des Lebens. Nur wer die Erfahrung des Scheiterns kennt und wer die Ohnmacht angenommen hat, ist zu wirklichen Wachstumsschritten in der Lage. Scheitern durchbricht festgefahrene Routinen, es befreit aus der Täuschung eines Seins in Sicherheit und letzter Planbarkeit. Nichts kann uns vor dem Scheitern bewahren. Auch das lehrt uns der Weg des Mannes aus Nazareth. Entscheidend ist immer, wie wir rückgebunden sind, spirituell getragen im Heimatraum des Göttlichen. Nach meiner Erfahrung haben auch Projekte, die sich nicht in dieser Rückbindung beheimatet fühlen auf Dauer keine Chance, weil sie bei immer wieder auftauchenden Konflikten und Schwierigkeiten kein letztes Gemeinsames haben.“(5)

Also: Lernen wir Scheitern als Chance zu sehen, Konflikte, Schwierigkeiten, Schwächen anzunehmen und mit ihnen bewusst umzugehen. Das ist ein wesentlicher Aspekt jeder neuen holistischen Gemeinschaft.
Das Ziel einer solchen Gemeinschaft besteht darin, eine leuchtende Zelle zu werden, ein Modell, eine Avantgarde im Bewusstseinsraum. Eine Zelle, die Duft verströmt. Jede Gemeinschaft entwickelt eine Medizin für die Welt, entsprechend ihrer Beschaffenheit und ihrer Wesensart.

Teil 2
BEWUSSTSEIN UND VERNETZUNG

Im zweiten Teil meines Vortrages möchte ich über Aufgaben und Vorgehensweisen von holistisch-spirituellen Gemeinschaften sprechen, die Vernetzung und Begegnung als ihr Hauptanliegen verstehen:

Raum schaffen

Die Vision kann sich nur verwirklichen, wenn ihr Platz gegeben wird. Dieser Raum, der geschaffen werden will, soll den Geist der Vision atmen. Insbesondere geht es darum, Begegnungsräume zu schaffen, in denen der GEIST atmet. Wenn sich Menschen versammeln, die bereits sind, sich auf ihr Herz, d.h. auf ihr höheres Selbst auszurichten, entfaltet sich holotroper Raum. Universelle, göttliche Wirklichkeit können wir umschreiben als Anwesenheit, als Präsenz und Stille. Natürlich ist dieser Raum immer da, aber wir können ihn erst dann wahrnehmen, wenn wir präsent und aufmerksam sind.
In einem solchen Raum der Präsenz ist es viel leichter, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Im holotropen Raum verliert die Rationalität ihre Dominanz und die harten Trennungslinien zwischen dem Bauch-, Herz -und Kopfbereich werden weich und durchlässig. In diesem hellen Raum von Bewusstsein erkennen wir sehr viel rascher tiefe Notwendigkeiten, spüren klarer, wann die Zeit reif ist, um zu handeln; wir sind achtsamer als sonst, Zeichen zu erkennen und richtig zu deuten. Im Bewusstseinsraum ist uns unser Vernetztsein emotional zugänglicher: wir sind im Kontakt mit unseren geistigen Ahnen und Lehrern, mit feinstofflichen Wesenheiten, die uns Hilfe anbieten, kurz wir sind wesentlich zugänglicher für alle Ebenen der Zusammenarbeit.

Bewusstes Atmen hilft uns ganz besonders, Bewusstseinsraum zu schaffen, Atem, der aus dem Herzen kommt und sich mit Liebe und Licht verbunden hat.

Raum entsteht im Herzen. Wer meditiert, erfährt früher oder später, dass Weite entsteht. Strömende Weite. Ein Ausweiten in Stille. Wenn wir diese Erfahrung ausatmen in die Beziehungen, in die Welt, dann entsteht ein neues Raumgefühl. Wir spüren nun: Seinsraum, Nährraum, Gebärmutterraum. Da entsteht neue Schöpfung.

Das Raum- und Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt sich dann essentiell, weil das uns alle verbindende Gemeinsame -nennen wir es GEIST, Gott, wie auch immer - als eine Wirklichkeit, d.h. als etwas das wirkt, wahrgenommen wird.

Im umfassenden Raum-Bewusstsein kann sich Begegnung und Vernetzung ereignen. Es ist, als ob in diesem Raum eine Nährlösung wirkte.

Im Dazwischen ereignet sich Schöpfung: zwischen uns Menschen, zwischen den Polen, zwischen Himmel und Erde. Yin/Yang (Weiblich, Männlich) sind die seitlichen Säulen, rechts und links, dazwischen ist das Geheimnis. Tao, Begegnungsraum. Darauf kommt es an: den Punkt zwischen uns. Wenn wir ihn visualisieren, dann verändert sich unser Bewusstsein. Das dritte Gemeinsame muss visualisiert werden, dann entsteht Beziehung, Vernetzung und Zusammenarbeit. Es wäre interessant eine Tagung nur zu dem Thema „Raumschaffen“ zu machen. Wie schaffen wir Raum? Wie können wir den Herzensraum ausatmen?

Es gibt eine vertikale und eine horizontale Vernetzung. Ein spirituelles Netzwerk arbeitet auf beide Ebenen.
Über die vertikale Vernetzung habe ich schon gesprochen (Geerdet und „gehimmelt“), das Urbild des Baumes. Die horizontale Vernetzung: die grosse Umarmung, die Vielheit des Lebens, die an das Herz genommen wird. Wenn beide Ausrichtungen, die horizontale, wie die vertikale, gleichzeitig geschehen, entsteht die Form des kosmischen Kreuzes. Diese Form, in der Tiefe gefühlt, ist eine starke, integrierende Kraft.

Dieser Raum, im Herzen entstanden, hervorgebracht durch bewusstes Atmen, kann gleichsam in Gefässe und Orte der Begegnung ausgeatmet werden. Dieser Raum hat eine schöpferische und integrierende Auswirkung.

Dieser feine, zarte schöpferische Raum verbindet sich nun mit äusseren Räumen, die da sein können:
Meditationsräume, Treffpunkte, Orte in der Natur, Tagungs -und Kursräume, etc.

Jetzt bitte ich Euch, teilzunehmen bei der folgenden meditativen Übung, die uns vielleicht hilft, das, was ich sage, zu spüren und zu erleben:

  • Ich bitte Euch, die Füßen zu verankern, Füße und Erde in Berührung zu bringen. Wir spüren auch das Becken, das ja auch Erde darstellt - persönliche Erde. Becken, Füße, Erde. Die Verbindung mit der uns tragenden und nährenden Erde. Im Bewusstsein, dass sie unsere gemeinsame Muttter ist, dass wir alle den gleichen Erdenboden unter den Füssen haben und die gleiche Luft atmen,

  • Wir richten uns nach unten (Fundament und nach oben (Himmel) aus, bringen Auftrieb und Schwerkraft in Balance.

    Wir erinnern uns an die Würde des Menschseins.

  • Wir konzentrieren uns auf die gemeinsame Mitte, die Quelle aller Lebensenergie, wissend um die Ursache allen Lebens: die Liebe.

  • Wir verbinden uns mit den Mystikerinnen und Mystikern, den Prophetinnen und Propheten, die in verschiedenen Perioden der Menschheitsgeschichte, in Zeiten von Wandlungs- und Übergangs-Epochen in Liebe und Weisheit gewirkt haben. Wir verbinden uns mit ihnen und bitten um ihre Unterstützung, denn alleine, ohne sie, werden wir den anstehenden Wandel kaum bewältigen können.

  • In diesem Bewusstsein atmen wir aufmerksam. Der Atem bekommt eine hingebende, liebevolle und ausstrahlende Qualität. Wir atmen innere Weite aus.

  • Wir erinnern uns, warum wir hier sind (hier auf Erden, hier an dieser Tagung), vergegenwärtigen uns das gemeinsame Anliegen, das gemeinsame Ziel.


Direktive Vernetzung

Unter direkter oder aktiver Vernetzung verstehe ich Interventionen und Vermittlungsarbeit. Es handelt sich hier um eine initiative Beziehungsarbeit. Dabei gehen wir aktiv aufeinander zu, wenn wir spüren, dass (a) aus neuen Begegnungen Kraft -und Arbeitsfelder erwachsen können oder wenn wir feststellen, dass (b) sich Menschen gegenseitig blockieren oder in einem Konflikt stecken geblieben sind, Menschen, die sich im Grunde genommen viel zu sagen hätten. Es ist eine Form von Friedensarbeit, Vermittlungs -und Mediationsarbeit anzubieten.

a) Wir ermächtigen uns, einzugreifen, auf Menschen aktiv zuzugehen, sie einzuladen, zu besuchen oder Situationen und Räume zu schaffen, wo Begegnungen stattfinden können.

b) Wir erlauben uns, auf blockierte zwischenmenschliche Situationen einzuwirken, Beratung und Hilfe anbietend.

Wie oft kommt es vor, dass uns Menschen in den Sinn kommen. Dann denken wir an sie. In vielen Fällen kann es hilfreicher sein, diese mentale Verbindung auszuweiten und zu gestalten, indem wir sie anrufen, ihnen eine Karte schreiben, für sie meditieren, sie segnen. Dadurch entsteht eine umfassendere Kommunikation; ausgehend von der Kopfebene, die Herzebene mit einbeziehend.


Situative Vernetzung

Intuitive Vernetzung aus dem Gewahrsein einer momentanen Situation ist eine wunderbare und kreative Arbeit.
Ich habe schon auf den Zeitbegriff KAIROS hingewiesen. In jedem Moment, der potentiell alles enthält, kann das Ewige in das Zeitliche einbrechen. Wach und im Bewusstsein des Seins-Raum, werden wir zugänglich für die Impulse, Gedankenblitze und Einfälle, die der Entwicklung des Beziehungsnetzes dienen. Beispiele: Intuitiv setzen wir uns neben die „richtige“ Person, der wir etwas zu sagen haben - oder sie zu uns; zum rechten Zeitpunkt fällt uns der Name einer Person ein, die das Problem, das gerade im Raum steht, lösen könnte, usw.
Dabei ist es wichtig, dass wir unsere Einfälle nicht gleich zensurieren. So ist manchmal der merkwürdigste Einfall, mit dem unser rationales Bewusstsein gar nichts anfangen kann, der Treffendste.


Das Nähren des Gemeinschaftskörpers

Ich würde mein Ideal eines Netzwerkes als eine Gemeinschaft von offenen, dem Ganzen dienenden Individuen umreissen, die sich bemühen, präsent zu sein und in Verbindung mit dem göttlichen Zentrum, das in ihnen und in ihrer Gemeinschaftsmitte wirkt. Dadurch bildet sich eine „Nährlösung“, eine nährende Substanz, die ein- und ausströmt. Die Gemeinschaft erfährt sich als eine Gemeinschaft unter anderen, die wiederum Teil des Ganzen ist.
Geben öffnet. Wenn die Mitglieder sich als Gebende verstehen, kann Lebenskraft und Inspiration einfliessen.
Worauf ich mich ausrichte, wird mir zur Wirklichkeit. Richte ich mich auf das Leben aus, werde ich lebendig. Das gilt auch für eine Gemeinschaft.
Die gewählte und gewollte Selbstverpflichtung der Netzwerk-TeilnehmerInnen ist es, welche die Gemeinschaft zusammenhält und ausdauernd werden lässt und die Bereitschaft erhöht, Unlustgefühle auszuhalten und Konflikte einzugehen.
Projekte und Gemeinschaften, die sowohl in einer Rückbindung beheimatet sind, wie auch in einer Ausrichtung auf ein Ziel, erhalten eine kreative Spannkraft, also die Fähigkeit, kreativ mit Spannungen und Schwierigkeiten umzugehen, eben weil sie beheimatet sind in einem Gefühl des Aufgehobenseins.


Das Bewusstsein über die Bedeutung der kleinen Schritte ist die Lösung der Überforderung. In Anbetracht aller globaler Probleme und im Realisieren der Begrenztheit unseres eher kleinen Netzwerkes, können wir schnell einmal in ein Gefühl der Bedeutungslosigkeit und Resignation absacken, das dazu führt, die kleinen nötigen Schritte nicht mehr wahrzunehmen und zu tun.

Das Netzwerk lebt von diesen kleinen Schritten, die da etwa sein können:

  • sich aufbauendes Feedback zu geben, sich für einander zu interessieren.
  • kleine Arbeiten zu übernehmen (Versandarbeiten, Leute zu Vernetzungsgesprächen einzuladen, über E-mail über Entwicklungen zu informieren, Projekte finanziell zu unterstützen)
  • regelmässige geistige Arbeit, wie etwa die HOLON-Vision durch Meditationen zu kräftigen,
  • innere Erfahrungen mitzuteilen, mündlich oder schriftlich (Sharing)
  • Menschen zu motivieren, bei HOLON mitzuwirken und sie am Anfang patenschaftlich zu begleiten.
  • Begegnungsräume zu kreieren und zu hüten.
  • Aktive Vernetzung zu betreiben.
  • Begegnungen zu „lesen“, Potenitiale und Synergien zu erkennen und „auf den Weg bringen“.

Solche tatkräftigen Schritte oder auch Schrittchen nähren die Gemeinschaft. Erst dann wird sie kräftig ausstrahlen können, wenn ihr Gemeinschaftskörper ausreichend genährt ist.


Die Leichtigkeit des Tuns

Die Leichtigkeit des Tun’s ist es, was wir lernen müssen. Also: Impulse in Leichtigkeit umzusetzen, statt die Energie in überflüssigen Erwägungen und Zweifeln zu zermahlen. Die Leichtigkeit des Tuns ist eine Form der Schnelligkeit und Wendigkeit, die positiv ist.
Wir müssen es lernen, bedachtsam und schnell zu werden, denn es ist höchste Zeit, das Hoffnungspotential in der Welt zu erhöhen. Ohne Hetze. Wenn wir verbunden sind mit dem holotropen Raum und bewusst atmen und unsere Intuition entwickeln, werden wir viel rascher erkennen können, welcher Haltungen und Taten es bedarf.
Wer oder was bremst uns manchmal, in HOLON kreativ tätig zu sein? Wodurch bremsen wir uns selbst? Dem nachzugehen, könnte wohl helfen, unsere Bremsen zu lösen.
Indem wir also durch die Vergegenwärtigung der gemeinsamen Aufgabe und Ausrichtung und durch die Leichtigkeit der kleinen Schritte das HOLON-Energiefeld nähren und verlebendigen, wird es an Strahlungskraft gewinnen. Das Ziel eines jeden Wesens ist es, zu strahlen, so wie es dem Drang der Blume entspricht, eine Blüte zu bilden und zu duften.
Der Duft trägt Informationen in sich. Der HOLON-Netzwerk-Duft wird möglicherweise einmal mehr sagen, als die verfassten Texte. Dies gilt für alle Netzwerke und Gemeinschaften.


Prozeß und Struktur

Sinnvolle Wandlungs-Prozesse geschehen dann zur rechten Zeit und am rechten Ort, wenn wir im Hier und Jetzt sind. Dieses qualitative Zeitempfinden nennen wir, wie schon gesagt, Kairos. In jedem Moment, der potentiell alles enthält, kann das Ewige in das Zeitliche einbrechen. Ohne den Ein-Fluss des Ewigen, kann sich die Welt nicht qualitativ ändern, wird Heilung nicht möglich sein.

So wie auch der menschliche Körper fliessende Elemente enthält, wie etwa der Blutkreislauf, besteht er auch aus festen, sich nur sehr langsam verändernden Elementen, wie etwa das Skelett. Auch ein Gemeinschaftskörper benötigt sowohl das Bewegliche, wie auch das Feste.

Jedes Netzwerk braucht einfache und zuverlässige Strukturen. So, wie es nötig ist, mit dem Fluss (dem Prozess) zu gehen, ist es auch wichtig, einige feste und einfache administrative und organisatorische Strukturen zu haben. Nicht alles, was an Strukturen wünschenswert ist, ist auch auf die Dauer zu realisieren. Da kleinere bis mittlere Netzwerke und Gemeinschaften beinahe vollständig von freiwilligen, unbezahlten Kräften abhängig sind, (da sie sich kein professionelles Sekretariat leisten können), ist es wichtig, dass administrative und strukturelle „Bodenarbeit“ einfach und auf das Nötigste beschränkt ist. Diese wenigen nötigen Strukturen müssen aber zuverlässig und stetig funktionieren, und es ist von grosser Wichtigkeit, jene Bodenhaftung gebenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht zu überfordern und ihnen die nötige Wertschätzung nicht zu entziehen. Visionen brauchen die liebevolle boden-bildende Alltagsarbeit um fruchten zu können.


Sowohl als auch

In einem reifen Netzwerk ist das Entweder-Oder, das Ausspielen gegensätzlicher, aber sich ergänzender Seiten überwunden. Das Wort UND erhält grosse Bedeutung: Erkenntnis und entsprechendes Handeln, individuelle Entwicklung und Gemeinschafts-Entwicklung, Beweglichkeit, Dynamik und feste Strukturen, Eigen-Verantwortung und soziale Verantwortung, Himmel und Erde, Mann und Frau, grosse Entwürfe und Detailliebe, das Universale und das Lokale. Nicht das Entweder-Oder ist angesagt, sondern der Rhythmus und die Frage: wann bedarf es mehr des einen und wann mehr des andern.
Auf der einen Seite ist es Tag, auf der andern Seite Nacht, zusammen DER TAG.


Literatur:

  1. Jochen Kirchhoff: Was die Erde will. Gustav-Lübke-Verlag
  2. R. Sheldrake/M.Fox: Sie Seele ist ein Feld, Barth-Verlag98
  3. Gandalf Lipinksi: Das Heilige und die Gemeinschaft, Vortrag 2005-10-25
  4. Richard Rohr: Von der Freiheit Loszulassen, Claudius-Verlag
  5. Claus Eurich. Interview von W. Binder. SEBIL-Webside

  
BLINZELN

Wenn ich in den Tag träume, bemerke ich, das sich meine Augen zu mandelförmigen Schlitzen verengen. Ich fange an zu blinzeln. Gleichsam im Augeneck, wird das Licht gebrochen und ein Farbenmeer entsteht. Die Möwen, die über der nahen Limmat kreisen, sausen nun durch dieses Farben-Meer. Ich bin glücklich und ein Gefühl von Dankbarkeit durchströmt mich.

Ich sitze in der Central-Bar, trinke Wein, lächle. Hat sich nun der Wein in ein Lächeln verwandelt? Alles verwandelt sich in diesem Lächeln, wenn wir in Dankbarkeit sind, etwas in die Hand nehmen, jemanden ansehen.
Alles ist Alchemie im Raum der Dankbarkeit, der sich öffnet, wenn Gott uns berührt und wir uns berühren lassen.
Im Lächeln sind wir geboren worden und in diesem Lächeln wird alles in feinere Schwingungen versetzt.
Dieses Lächeln wandelt: Schweres wird leichter, Vereinsamtes findet Trost. Alles wird in Beziehung gesetzt, verbunden, geeint.
Dieses Lächeln ist nichts als Licht.
Buddhas Lächeln ist Licht.
Alchemie an der Bar.
Manchmal bin ich trunken und verliebt. Einfach so, kommt es manchmal über mich.
In solchen Momenten wird alles leicht und spielerisch. Das Leben tanzt und ich weiss, dass es manchmal damit beginnt, dass ich blinzle. Und oft beginnt es im Augeneck. Da verfängt sich manchmal ein Lichtstrahl (oder ist es ein Engel?). Manchmal fühlt es sich wie ein zartes Zupfen an, ein zärtliches Stossen oder ein Windchen . Etwas, das mich weckt und ganz leicht verschiebt, damit ich in die richtige Position, die richtige Perspektive komme. Um sehen zu können. Um hören zu können.

Andererseits kann es sinnvoll sein, im Aussen etwas zurechtzurücken. Wenn wir ein bisschen wach sind, können wir erkennen, was nach dem rechten Platz ruft. So etwa können wir spüren, wenn ein Topf mit Pflanzen etwas mehr Sonne oder etwas mehr Schatten benötigt. Indem wir ihn zurechtrücken (vielleicht handelt es sich nur um einen Zentimeter), können wir spüren, dass das ganze Umfeld des Topfes mehr in Harmonie kommt. So besteht ein Aspekt des Aufräumens darin, die Harmonie der Räume durch leichte Verschiebungen der Dinge wieder herzustellen. Millimeterarbeit kann erstaunlich weiträumige Auswirkung haben. Es handelt sich um Geomantie im Alltag.

Wenn der Bewusstseinsspiegel in unserem Alltag abfällt, erscheint uns die Umgebung, die Welt flacher, nebliger, grauer.
Eine einzige achtsame Handlung kann genügen, das Feld, in dem wir sind, aufzuhellen. Wenn wir uns beispielsweise beim Einschenken von Wein in ein Glas die Sonnenenergie und Kraft der Erde vor Augen halten, die in die Trauben eingewirkt hat und uns einen sonnigen Weinberg vorstellen, wird die Handbewegung beim Eingiessen sanfter und ein Gefühl des Staunens und der Dankbarkeit wird sich einstellen. Dadurch hellt sich nicht nur unser Befinden auf, auch das ganze Feld, in dem die Handlung geschieht wird nachhaltig klarer, frischer und lichter. Alle nachfolgenden Handlungen gewinnen an Präsenz. Aber sogar die Substanz des Weines kann durch Achtsamkeit besser abstrahlen.

Eine einzige Geste, bewusst vollzogen, bewirkt, dass sich der Nebel lichtet, dass augenblicklich alles in klareres Licht kommt.
Ich möchte diese Kleinarbeit als subtiles, spirituelles Kunsthandwerk bezeichnen.
Es ist schöpferische Bewusstseinsarbeit im Alltag. Meine Lebensgefährtin hat eine wunderbare Begabung: Wenn sie die Dinge „ins richtige Licht rückt“, werden die Räume, in denen sie wirkt, gleich friedvoller. Die sanfte Leidenschaft, mit denen sie sich den Dingen nähert, harmonisiert das jeweilige Feld, in dem sie wirkt.

Nochmals zurück zum Blinzeln, das uns in die angebrachte Perspektive versetzen kann: Wenn wir nicht allzu scharf und konfrontativ auf die Dinge blicken, nehmen wir Kontrolle zurück. Dadurch geben wir GEIST Raum.
Lassen Sie uns ein Experiment machen: Legen Sie den kleinen Finger beider Hände unmittelbar seitlich (zu den Schläfen hin) an die Augen, also ins „Augeneck“ und ziehen sie ein wenig die Augen in die Länge, den Schläfen zu. Nehmen sie dabei alle Spannungen aus den Augen und atmen sanft und bewusst in ihre Brust. Dann achten sie auf die Resonanz dieser subtilen Handlung, lassen sie los und beachten sie noch einmal die Veränderung in ihrem Bewusstsein, sowohl auf körperlicher, wie auch auf seelischer Ebene.

Ein Freund sagte mir, dass er täglich durch seinen grossen Garten gehe. Wenn er die Blumen am Wege nur aus den Augenwinkeln betrachte, stelle er des öftern fest, dass sie sich leise bewegen würden. Nur dann. Betrachte er sie direkt, würden sie sich nicht rühren.
Es ist eine Art, dem Geheimnis Raum zu geben.

Falls wir in einem flacheren Bewusstseinszustand sind, kommen uns die hilfreichen Wesen zu Hilfe. Ein Wassertropfen fällt uns auf die Nasenspitze oder wir stolpern über einen Stein oder ein Vogel flitzt unmittelbar am linken Ohr vorbei. Solche Geschehnisse helfen uns, wach zu werden, wenn wir ein klein wenig neugierig und offen sind. Sie helfen uns, den richtigen innern und äusseren Ort zu finden.
Diese zarten Umbildungen sind, wenn wir sie annehmen, oft von einem Gefühl von Lächeln begleitet. Buddhas Lächeln.

Werner Binder
  

"DIE ICH RIEF, DIE GEISTER, WERD ICH NUN NICHT LOS" Goethe

1. Die Anrufung der Geister

Es fragt sich, zu welchem Zwecke wir die Kräfte/Geister anrufen. Sollten wir Macht über andere gewinnen wollen, so werden wir genau diese Kräfte ansprechen, die aus der Egozentrik entstanden sind.
Mit Macht, Wille und Wunschbildern aufgeladen Gedankenkomplexe, nannte der Heiler und Seher Daskalos "Elementale", die sowohl ausgesandt, wie auch empfangen werden können. Diese Elementale können eher positiv oder eher negativ sein. Wir haben die Wahl, uns mit feinstofflichen Gedankenstrukturen zu vernetzen, die der Anhäufung von Macht, Dominanz und Kontrolle dienen, oder wir können uns mit den Kräften des Wachstums und der Liebe in Verbindung setzen. Diese schützen uns und die anderen.

Wollen wir aber beispielsweise Räume der Stille und Kontemplation aufbauen, wäre es paradox, Mächte des Beherrschens anzurufen.
Doch solche Widersprüche geschehen. Erzwungene Freiheit, befohlene Liebe schliessen sich aus. Solche Paradoxe ("doublebinds") erzeugen irritierende und krank-machende Spannungsfelder.
Bezwecken wir also Wachstum, Wohlbefinden, Gesundheit und Balance, sprechen wir sinnvollerweise die der Liebe dienende Kräfte (z.B. Engel) an. Oder Gott selbst, aus dem alle Liebe strömt.

Oftmals rufen wir Geisteskräfte unbewusst und unreflektiert an durch die Symbole und Namen, mit denen wir uns identifizieren.
Nicht zu unterschätzen ist die Kraft von Namen. Nehmen wir mal den Namen HOLON. Dieser wirkt auch auf seelisch-geistiger Ebene. Der Archetyp HOLON reagiert sogleich, wenn wir in HOLON Spaltungstendenzen aufbauen, z.B. durch heftige Irritationen und das "HOLON-Feld" reagiert sogleich unterstützend, wenn die Kräfte der Integration und Ganzheitlichkeit wachsen.
Auch das Emblem von Superman (um ein Beispiel zu nenne) wirkt, insbesondere, wenn wir es auf unserem Körper tragen und es in unseren Wohnungen haben. Farben, Formen, Zeichen, Symbole, mit denen wir uns identifizieren und schmücken, sind gleichsam "Vernetzungs- und Beziehungsanrufe".

Je bewusster Anrufungen von Geisteskräften erfolgen, desto stärker wirken sie.

Wir sollten nicht blauäugig sein: Wünsche und besonders gestaltete, rituelle Anrufungen sind kraftgeladen und erzeugen Wirkung. Die angerufenen Geister kommen. Das musste der Zauberlehrling von Goethe heftig erfahren. Schwarz-magische Praktiken, wie etwa in Satanskulten üblich, bedrohen den innern Zusammenhalt sowohl der "Anrufer", wie auch der Adressaten. Diese schwarz-magischen Manipulationen lösen Unruhe, Zersetzungs- und Auflösungsängste aus. Ein "Maribu", den ich in Senegal kennen gelernt hatte, war, wie er selbst sagte, mit dem Teufel im Bund. Er wirkte sehr unfrei, unruhig und versklavt. Als ich mich von ihm freundlich aber klar distanziert hatte, wurde ich in der folgenden Nacht von einer Kraft heftig geschlagen, so dass ich davon in Schweiss gebadet aufwachte.

2. Ungebetene "Gäste"

Es ist unbestreitbar, dass sich viele Menschen, insbesondere sensible Personen, die sich schlecht zu schützen wissen, von fremden Mächten besetzt und ausgesaugt fühlen. Seien es nun Seelen Verstorbener, die sich von ihren Nächsten nicht lösen können (so lautet eine häufige Erklärung) oder kollektive dunkle, zersetzende, anhaftende Mächte: die bedrängten Menschen brauchen Hilfe, um ihren eigenen Weg gehen zu können. Erwähnt sei hier auch die Macht von Verwünschungen und Verfluchungen, welche vor allem dann lähmend wirken können, wenn es den Betroffenen nicht bewusst ist, wer die Verursacher sind. Dabei ist es besonders wichtig, wenn die beeinträchtigten Menschen lernen, schrittweise Kontrolle über ihre eigenen Gedanken zu erlangen, indem sie sich in die Natur ihres Wesenskern tiefer einwurzeln.

3. Die Unterscheidung der Geister

Wir sagen, dass es gut sei, auf die Stimme des Herzens zu hören, was allerdings nicht immer einfach ist. Wenn ich in mich hinein horche, höre ich zwar Stimmen, aber: Sind es wirklich die Herzensstimmen, die ich wahrnehme? - und welche Kriterien helfen mir, die Stimme des Herzens von anderen in mir aktiven Stimmen zu unterscheiden?

Es gibt hilfreiche Unterscheidungskriterien:
  • Die Stimme bewirkt Enge - die Stimme bewirkt Weite, ein Gefühle von Befreiung und Getragensein.
  • Die innere Stimme ist grob, laut, herrisch - die innere Stimme ist sanft, fein, leise
  • Die Stimme ist moralisierend, belehrend - die Stimme kommt aus einem Bereich, der uns liebevoll-akzeptierend die Wahrheit spiegelt.
  • Die Stimme bewirkt äusseren Glanz, Glimmer, Euphorie - die Stimme erzeugt inneres Licht/Leuchten und Weichheit.
  • Die Stimme hat eine ausschliessende Wirkung - die Stimme bewirkt Integration und Versöhnung
  • Die Stimme streut Zweifel und Unsicherheit - sie stärkt Vertrauen, weckt Zuversicht, richtet auf.
  • Der Klang der Stimme enthält unangenehme Elemente - der Klang ist wohltuend, rund.

Es hilft, zu unterscheiden, von welcher Ebene her die Stimmen einfliessen. Die Charakterisierung am Zeilenanfang der Kriterien (kursiv) weisen auf Äusserungen des Über-Ichs, bzw. des Gewissens hin. Mit Gewissen (Über-Ich) bezeichne ich alle Gebote, Verbote, Weisungen und kulturellen Werte, die einem Menschen während seiner Kindheit und Jugend durch Familie und das gesellschaftliche Umfeld vermittelt worden sind und die er verinnerlicht (internalisiert) hat. Das menschliche Gewissen ist vom Zeitgeist und dem jeweiligen gesellschaftlichem Umfeld durchwirkt. Es enthält auch allen unerlösten Stoff der jeweiligen Familientradition. Deshalb sind dem Klang dieser Über-Ich-Stimmen Elemente von Beklemmung, Strenge, Ängstlichkeit und Gewalt beigemischt, manchmal auch nur unterschwellig.

Die Stimme des Herzens ist im Bewusstseinsraum des höheren Selbst angesiedelt. Das Herz ist Tor zur Seele, und zur innersten Wesensnatur des Menschen und innig verbunden mit der allumfassenden Bewusstheit, welche die Einzelteile in Beziehung zum Ganzen erkennt.

Die Stimme des Herzens (vertikale Schrift) ist beseelt, unmittelbar verbunden mit der Quelle. Sie weiss um die nötigen Entwicklungsschritte, deutet und erkennt aus höherer Warte. Sie ist wohlwollend, warm und kräftigend, während der Chor jener Stimmen, der mehr die begrenzte gesellschaftliche Prägung verkörpert viel mehr angst-besetzt und ego-gesteuert ist.

Die Verfeinerung der Innen-Wahrnehmung, die Ausbildung des inneren Auges und des inneren Ohres, gehen einher mit dem zunehmenden Klärungs- und Unterscheidungs-vermögen.
Ich glaube, dass die genannten Unterscheidungskriterien weitgehend auch nach aussen hin angewandt werden können.

Das erst genannte Kriterium ist für mich das Wichtigste: Wenn ein Mensch oder eine Institution ein Gefühl von Weite, Öffnung, Erhellung weckt, verbunden mit dem Empfinden frei atmen und wachsen zu können, dann können wir darauf vertrauen, von einem guten Geist umgeben zu sein. Wenn es uns mulmig und eng wird, sich dieses Gefühl festsetzt und anhält, so sind wir von unerlöstem Stoff umgeben, von Erwartungen und Kontrollmechanismen. Angst bewirkt Enge; Liebe: Weite. Aber auch hier muss genau hingeschaut werden, damit wir nicht Verbindlichkeiten und Verpflichtungen, die momentane Unlust bereiten können, als schlechte Energie bezeichnen und "Laisser-fair" mit Weite und Freiheit gleichsetzen. Die Lust-Unlust-Ebene ist ein sehr begrenzter Wahrnehmungsbereich, in einem eher oberflächlichen Bereich angesiedelt, weit entfernt vom Gipfelbezirk des höheren Selbst, welches das Gedeihen des ganzen Organismus im Auge hat und nicht das kurzfristige Auf-und-Ab.

Werner Binder
 
DIE NEUEN SPIRITUELLEN ZENTREN
In Meditation (im Februar 2001) bat ich um Belehrung über das Wesen und die Ausrichtung von künftigen spirituellen Zentren.

Hier die Antwort aus der Mitte des Herzens:

Eure Zentren sollen den richtigen Platz finden.
Sie sollen ihren richtigen Platz im Geist haben und jene Aufgaben wahrnehmen, die in euch vibrieren. Ihr müsst weiter klären, wofür ihr jetzt bestimmt seid, um im Prozess der grossen Bewegung mir zu dienen. Verfeinert euch und das Gewahrsein eurer Aufgaben.
Erkennt und erfüllt:

- die Atemströme der Liebe
- Die Zeichen, die ich (durch euch) setzen will
- und eure Plätze: innere und äussere Ort des Tuns.

Zeichnet sie! Zeichnet ein die Liebeslinien meines Da-seins. Zeichnet diese Linien ein:
in all euer Tun. Zeichnet (malt) aus dem Herzen das Zeichen der Rose; die Licht-Fasern, die Zeichen der Niederkunft, des Ankommenden:
Chiffren der Hoffnung, des nahenden Seins
Bereitet und zeichnet das Zeichen der Liebe.
Errichtet die Plätze, die euch die Seele bereitet: Sie sind wie Noten/Klänge im Lied.
Entwickelt den Duft des Seins und der Heimkehr. Seid Zärtlichkeit für die schmerzenden Seelen.
Tut es eins-zu-eins.

Frage: Wie finden wir unseren richtigen Platz?


Das Licht, das euch beschieden/gegeben ist, erkennt euch. Indem ihr euch darin aufrichtet, fällt es über euch... zu Boden. Das ist der Platz, anders gesagt: wenn ihr in meinem Licht erschaut werdet, fällt alles Falsche von euch ab und aufgeweicht, findet ihr euch im inneren Herzensplatz, dem ein Lied eigen ist, das eure Seele singt und schon immer gesungen hat. Dieser innere Platz baut den äusseren.
Rührung zeigt an, dass ihr euch dem äussern Platz nähert.

Wenn ihr eure Plätze und Lichtlinien verbindet entsteht eine heilsame Struktur.
Ein Zeichen/eine Zeichnung des göttlichen Wiederfindens.
Beleuchtet gegenseitig eure Plätze.
Das Zentrum baut sich anders auf, als ihr denkt:
Aus euren Niederlagen und dem inneren Gesicht, das ihr seht.
Das Gesicht: das Schauende und das Geschaute.
Das Zentrum baut sich durch dieses Geschaute.
Das angesprochene Herz und das Ansprechende.
Aus diesem Ansprechen und Anschauen entstehen Punkte, Orte der Kraft. Einmal Teilchen, das andere mal Energie.
Im Schnittpunkt zwischen Ich und Du, Himmel und Erde (Kreuz) entstehen Punkte, Orte, die ihre Entsprechung suchen und finden.
Arbeit aus der Liebe. Aus dem Angesprochen- und Angeschaut-Sein bilden sich Orte. „Leichte“ Orte der Kraft, die heilende Muster bilden.

Frage: Was sind die neuen spirituellen Zentren? Wie sind sie? Was macht sie aus?

Die neuen Zentren sind nicht mehr gebunden an eure Vorstellungen. Sie gehorchen höheren Prinzipien. Ihr Prinzip ist vor allem das Teilen.
Die Zentren sind Räder, die sich in alle Richtungen um die eigene Achse drehen. Sie bewegen und wandeln, gleichen aus.
Die Räder erinnern an Glut - glühende Räder, Feuer-Räder. Sie richten sich im göttlichen Mitgefühl aus (Assoziation: Seraphine). Sie bilden Vibrationsteppiche und heilige Muster, die Verstehen ermöglichen.
Die Räder bilden Winde. Diese Winde reinigen.
Die Zentren sind Begegnungsplätze von Menschen und Engeln im Felde des Universellen Herz-Zentrums.

DAS ZENTRUM BIN ICH, der Zusammenhaltende und Verströmende. Im innern Punkt des Zentrums tanze ich den Tanz des Friedens und der Wiedervereinigung. Aus dem Mittelpunkt der Stille drehe ich (Assoziation: Sema)

Zentren sind im Himmel gegründet und geleitet. Die Menschen, , die das Zentrum hier auf der zeit-räumlichen Ebene leiten sind in steter Verbindung mit der himmlischen Leitung. Diese Zentren sind auf der Schwelle von Nicht-Manifestation und Manifestation. Sie tauchen auf und verschwinden wieder. Einmal sind sie Teilchen, einmal Energiewelle, eins und immer in ihrem Gehalt. Es sind glimmende Lichter, die vom grossen Licht ihre Impulse erhalten und heilsame Rhythmen ablegen, welche die Heilkraft enthalten, zerrüttete Energien zu harmonisieren.
Die neuen Zentren sind leicht, haben ihren festen inneren Ort und bilden sich im Aussen rasch, wo Bedürfnisse und innere Notwendigkeiten sind. Sie folgen den Herzenswegen und bilden sich im Schnittpunkt von Not und Barmherzigkeit.

Das Zentrum hat feste und wandelnde Punkte/Orte.
Die festen Punkte dienen der Festigung, Erdung, Zentrierung und des äusseren Haltes; die wandelnden Punkte den tiefliegenden Bedürfnissen.
Feste Punkte und Wandlungspunkte sind in einer lebendigen Balance und unterstützen sich.
Das Zentrum gleicht einem beweglichen Dorf, das im Himmel und auf der Erde gebaut ist. Es ist fest und beweglich, von Menschen und Engeln erhalten, es ist unsichtbar und sichtbar, ist Teilchen und Welle, felsig und licht.

Das neue Zentrum ist leicht und folgt den Bahnen der Liebe und der Barmherzigkeit.
Sein Zweck ist zu heilen.
Wandlung und Heilung.
Das Zentrum manifestiert sich dort, wo es gebraucht wird. Das Zentrum öffnet sich dort, wo es (an)gerufen wird.
Wer mit dem Zentrum in Kontakt kommt, lernt; wer am Zentrum teilnimmt, wird gewandelt.
ICH leite das Zentrum, wenn ihr wollt.
Das Zentrum komprimiert und dehnt sich aus, mal ist es gross, mal ist es klein, so wie der Fluss einmal mehr, einmal weniger Wasser führt. Es wird ge-richtet und ge-leitet nach dem Wissen tiefliegender Notwendigkeiten.

In tiefer Verbundenheit miteinander gehe jede/r seinen Weg, finde jede/r seinen Platz, geführt vom innern Licht meiner Weisheit.
Jede/r finde seinen Ort, bilde eine Säule, damit ich das Haus bauen kann.
Das Zentrum geht seinen Weg und bleibt fest, ist örtlich, überall, ist öffentlich und geheim. Es trägt meine Eigenschaften, ist Abbild meiner Schöpfergestalt, reflektiert göttliche Gesetze, ist Impuls der Liebe, Impuls der Rose.
Die Gestalt des Zentrums weckt die Erinnerung an MICH, der/die ich in Eurem Innersten bin.
Das Zentrum weckt der Erinnerung an mich und nähert sich dieser an. Der wahre Mensch, wie er gemeint ist (Gottes Ebenbild) werde erkenn- und erfahrbar im Organismus des Zentrums.
Das Zentrum: die Kern-Zelle, aus der sich der leuchtende Organismus der Liebe entwickelt, des befreiten Menschen, der mein Ebenbild ist.


Die neuen Zentren erhalten die Nahrung von oben. Lichter mit irdenen Stationen/Organen.
Der Lichtmensch (Purusha, Adam kadmon) will sich individuell und sozial manifestieren.
Ich sage Euch: Seid die Diener dieser Vision, die Vorhut der neuen Zeit. Füllt eure Laternen mit duftendem Oel.
Es ist die Zeit der „Vegetation“.
Das Zentrum wandelt euch. Das Zentrum wandelt die/den der/die sich mit ihm verbindet.

         Frage: ein Seminar-Zentrum gründen?

Nein. Ein Gottes-Zentrum! Kurse sind Beiwerk. Ein Zentrum der Liebe, der Einheit, des Lichts.

         Frage: Wie kann das aussehen? In unserer Gesellschaft wird durch Kurse
         Spiritualität vermittelt, durch Veranstaltungen. Drei Gruppen:
         Organisatoren, KursleiterInnen und TeilnehmerInnen, oder LehrerInnen
         und SchülerInnen. Wie könnte das neue Zentrum konkret aussehen?


Zuerst einmal: Liebe leitet. Lasst euch von ihr aufweichen und erfassen, damit ihr findet. Liebe wandelt, formt um, bildet Schalen des Mitgefühls, Gefässe der Liebe.
Impulse der Rose schmelzen und öffnen. Dienen und Teilen sind Folge der Liebe.
Eure Aufgabe kann sein Formen der teilenden Liebe zu eröffnen und zu (er)finden.

Die Liebe leitet zu den Geschöpfen und Formen, die dieser Liebe bedürfen und/oder
diese mehren.
Die Liebe schafft Zentren, schafft Euer Zentrum, findet und erzeugt die Gestalt(en),
in denen sich meine Lichtgestalt reflektiert.
Haltet das Werden aus, das Werden des Gotteshauses: euer Leib, eure Herzensverbindungen.
Nie darf das Mittel an meine Stelle treten. Wo Ich bin ist Fülle und Nichts, Stille
und strahlendes Licht.
Dies ist das Zentrum, soll es immer sein und alles andere wird eingeladen in den
Kreis der Liebe, der sich um meine Mitte dreht
.
Tanzt ! Stille, Tanz und Gesang verhelfen der Erkenntnis meines Seins. Tanzt in der Erfahrung meiner Gegenwart, singt und meditiert in meiner Gegenwart. Diese Präsenz sei euer Lehrer. überwindet die alten Formen durch Teilen. Teilt euch mit!

         Frage: Gerne würde ich noch mehr über die neuen Zentren erfahren.

Zentren sind Wandlungsorte, Sammlungs -und Ausstrahlungsorte, Mandalas, die für
das Gesamt-Wachstum eine wichtige Rolle spielen, wie wichtige Meridianpunkte
und Chakren.
Sie verbinden die verschiedenen Schichten und Ebenen der Wirklichkeiten und leiten
wichtige Entwicklungen ein.
Sie bekommen jetzt mehr prozesshafte und organische Eigenschaften. Sie dienen weniger der Sicherheit und mehr dem Wandel. Sie gründen sich auf der Erfahrung meiner Präsenz, meiner Liebe.
Die Menschheit beginnt sich nun sich selber wahrzunehmen als eine Gestalt und braucht Zentren, die diese Gestaltwerdung initiieren.
Atem-Arbeit ist wichtig. Die Zellen, Eure Mikrokosmen werden dadurch aktiviert und entwickeln Licht.
Das Zentrum im konkreten Sinne ist gewöhnlich und redlich, einfach. Die Wirksamkeit korreliert nicht mit der Grösse der Projekte. Die Tiefe der Erfahrungen ist massgeblich. Der Geist breitet sich durch Freundschaft aus.
Ergänzt euch stets und lässt die Liebe walten. Ernährt euch an meinem Brunnen und
legt eure Hüllen nieder.
ICH BIN DAS ZENTRUM, d.h. meine Gegenwart in euch. Das Zentrum soll sehr hell
bleiben, damit es seine Kraft entfalten kann. So könnt ihr euch als DienerInnen des Tempels verstehen.
Tut, was euch anrührt. Arbeitet aus der Berührung. Neigt euch dem zu, was euch anrührt und öffnet.
Öffnet und lasst euch öffnen.
Der Schwellenbereich ist der Ort eures Tuns; der Ort des Übergangs. Leitet die, welche an euch herantretet. Leitet und begleitet. Kein Licht auf dem Weg, ausser das
Licht in euch, DAS ICH BIN.
Weiter gibt es nichts zu sagen, ausser der Notwendigkeit darauf zu achten, was GRUND-legend ist.

Werner

Zuviel
Genügsamkeit
Normalerweise sind wir auf unsere Mängel konzentriert. Leider. Kaum ein Gefühl ist so verbreitet wie jenes des Ungenügens. Entweder genügen wir unseren Ansprüchen gar nicht, oder es ist nicht gut genug, was wir sind und tun.

Dieses Mangelgefühl führt zu einem "Zuviel".
Wir denken zuviel, reden zuviel, organisieren und planen zuviel. Wir arbeiten zuviel, konsumieren zuviel, sorgen uns zuviel.

Zuviel des Guten.

Wir sorgen uns weit über das Notwendige und Angebrachte hinaus.
Insbesondere denken wir zuviel. Ja, wir Weissen denken viel zuviel.
Unsere Gedanken bilden lange, verzweigte Ketten. Ein Gedanke führt zum anderen. Pausenlos. Und auf einmal fühlen wir uns angekettet, gefesselt, in Wülste von Gedanken verstrickt. Wir müssen es zugeben: nicht wir haben Gedanken; sie haben uns!
Das ist ermüdend. Wenn es uns allzuviel geworden ist, sehnen wir uns nach Meditation, Wellness oder Fastenkuren. Was auch immer.
Wir sprechen, wenn es uns zuviel geworden ist, vom Loslassen. Zu oft reden wir davon. Kaum haben wir ein bisschen losgelassen, lassen wir uns ins Zuviel zurück katapultieren. Würden wir uns weniger mitreissen lassen vom Strom des "Das-sollte-ich-noch", gäbe es nicht mehr soviel loszulassen.

Dieses Zuviel ist in der Regel mit einem "Zu-schnell" gekoppelt.
Wenn wir ständig zuviel an Erwartungen hereinnehmen, müssen wir sie wieder herauskotzen. Bulimie. - Häufen wir zuviel an, müssen wir es wieder wegwerfen.

Dieses Zuviel, verbunden mit rasanter Beschleunigung, kann leicht auf einen Mangel an Vertauen und innerem Frieden zurückgeführt werden. Wir stopfen das Vakuum an Vertrauen durch Anstrengung und Überbesorgnis.

Ich kenne das: Geht es mir zutiefst gut, so bin ich genügsam. Treibt mich etwas um, oder stimme ich mit mir nicht überein, dann hetze ich mich in diese "Mehr-ist-besser-Haltung" hinein.
Genügsamkeit ist etwas Wunderbares. Ich meine da nicht genussfeindliche Askese, sondern gelassenes "Es genug sein lassen".

"Ich habe genug bekommen, genug gegeben, es ist gut. Kein Fehlen, kein Mangel!".
Das erinnert an Dankbarkeit. Im "Zuviel" und "Zuwenig" kann sie nicht aufkommen.

Weshalb besteht dieser merkwürdige Drang, mangelnde Lebensqualität durch Quantität und Erleben gleich durch Leisten zu ersetzen?

Viele Menschen, die sich danach sehnen, sich in einen langsameren und ruhigeren Lebensrhythmus fallen zu lassen, sind mit Schuldgefühlen konfrontiert, wenn sie ihrer Sehnsucht nachgeben. Die inneren Stimmen können etwa wie folgt tönen: "Faulheit und Müssiggang sind aller Laster Anfang... du bist nicht hier, um es schön zu haben, sondern um zu arbeiten, tüchtig und emsig zu sein. Deinen Wert hast du dir durch ununterbrochenes Arbeiten und Bemühen zu verdienen. Bist du untätig, so verlierst du deinen Wert; du gehst verloren, machst dich sündig. Indem du dich bemühst, bist du es weniger". - Wehe, wenn wir uns hinsetzen, dann kommen diese Stimmen hoch, vielleicht auch nur in Form eines Unwohlseins oder einer diffusen depressiven Verstimmung.
Hinter den Schuldgefühlen steht die Idee, dass Glück etwas sei, das zu verdienen und zu erwerben sei, als etwas vor uns, d.h. in der Zukunft liegendes, welches durch Vorwärtsstreben vielleicht einmal zu erlangen sei. Es herrscht die Meinung, dass unser wahres Selbst, welches wir uns als von unserer Existenz getrennt vorstellen, nur mühsam zu erarbeiten sei. Wir verstehen uns als provisorische, unfertige Geschöpfe. In ferner Zukunft, weit weg, erhoffen wir, unser wahres Wesen einmal zu finden. Durch Streben, Anstrengung und Tapferkeit.

Es ist offensichtlich, dass wir im Allgemeinen auf die Zukunft gerichtet sind, wodurch wir die Schönheit des Augenblicks verpassen. Und unser Glück.

Die "alte, brutale Religion", die uns als Verworfene, Ungesegnete zeichnete und auf Gott die eigene unbarmherzige Strenge projizieren liess, steckt als kollektives Vermächtnis in uns Abendländern. Diese falsche Religion schickt uns in Schuld und Hetze und entreisst uns der ursächlichen Geborgenheit. Die oft unbewussten Gefühle von Schuld und Ungenügen erklären den merkwürdigen Drang, mangelnde Lebensqualität durch Quantität und Erleben durch Leisten zu ersetzen.

Pausenlosigkeit, entstanden durch eben jene skizzierten Schuldgefühle, ist etwas Grausames. Alle Räume werden vollgestopft mit Gedanken, Anforderungen, Anweisungen und Urteilen. Die ersehnte Ruhe darf nicht sein. Das, was uns als Ursünde gepredigt wurde, treibt und jagt uns.
Schuld- und Mangelgefühle sind typisch für die Wirkweise des Egos. Es erzeugt Negativ-Bindungen.

Es bleibt nur eins: anzuhalten.

Atem- und Gedankenpausen lassen Räume entstehen. Verlorenes kann in diesen Weiten wieder gefunden werden. Wir finden unser inneres Kind wieder.
Im Bereich des Höheren Selbst ist Fülle und Segen stets präsent.

Atmen wir zwischen den einzelnen Gedanken- und Gefühls-Sequenzen ruhig ein und aus, so lassen wir das Leben fliessen und die Gedankenketten brechen auf. Freiräume entstehen.
Dort, wo in unseren Städten nicht alles verplant und zersiedelt ist, wachsen Wildpflanzen und Vögel nisten. Derart entsteht Leben in uns.

Weniger ist also meist mehr. Dort, wo es an Qualität mangelt, wuchert Quantität. Im "Weniger des Vertrauens" lichtet sie sich und hebt die Qualität von Neuem ins Licht.

Ich habe mich jedenfalls dazu entschlossen auf das Weniger zu setzen, um mehr Freiraum zu schaffen.

Wenn ich in voller Gegenwärtigkeit tief durchatme, wenn es nichts gibt als die Frische des jetzigen Atemzuges, entsteht freier Erholungs- und Schöpfungsraum, in welchem Neues geboren werden kann. Dieses Atmen zwischen den Gefühlen und Gedanken, zwischen den einzelnen Handlungsabläufen und den Wechseln im Alltag, betont und festigt die Mitte zwischen den Dingen und Gestalten, hebt meine Herzmitte immer wieder neu ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Qualität entsteht auch durch Weglassungen, Reduktion und Vereinfachung. So drückt sich das Wesentliche aus: durch Verdichtung, die entsteht, wenn wir das weglassen, was die Sicht auf das Wesen verstellt. Ein wichtiger Aspekt der Kunst besteht in der Reduktion (zum Beispiel in der Lyrik), wenn kein Wort, kein Strich mehr zuviel ist, wo nichts mehr der Kernaussage im Wege steht.

Heute bin ich daran, umzusetzen, was ich darlege. Ich achte auf Zwischenräume, lasse unnötige Gedanken weg und verzichte darauf, negative Leere durch Betriebsamkeit auszufüllen. Dabei fällt es mir auf, dass ich langsamer werde. Und vergnügter.

Ohne Langsamkeit kein Friede. In den wunderbaren langen und langsamen Atemzügen kann eine friedvolle Welt entstehen, vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang. Jeder Atemzug ein Tag, ein Leben, ein vollkommener Kreis.

Der Bildhauer weiss es genau: durch Wegnehmen entstehen Form und Raum. Schöpfung durch Reduktion.

Nicht mehr unter dem Diktat des "Nochmehr", fühle ich mich befreit. Durch Vereinfachung und Genügsamkeit wandelt sich Quantität in Qualität zurück. Schönheit offenbart sich unter den riesigen Gedankenbergen hinter dem dichten Gestrüpp nervöser Betriebsamkeit.

Werner





Gebet an den Planeten

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Mehren durch Teilen

Teilen

Plötzlich stand es in mir glasklar da, dass Teilen mehrt. Also: Wir vermehren, indem wir teilen. Diese Erkenntnis beglückte mich, jetzt noch mehr in dem ich sie niederschreibe, veröffentliche und damit teile. Kommunizieren heisst teilen.

Materiell-rational oder rechnerisch gedacht, verliere ich, wenn ich teile.
Auf der Ebene der Wirklichkeit läuft es eben umgekehrt: Wenn ich gebe, mache ich dem andern und mir eine Freude. Wenn ich weiss, dass Du auch ich bist und wir beide/alle dem Ganzen zugehören, wissen wir, dass nichts verloren geht.
Durch Teilen entfaltet sich Freude, Mitgefühl, Gerechtigkeit und das Empfinden der Zusammengehörigkeit. Lebensqualität mehrt sich.
Hinzu kommt, dass ich mich durch das Ausfliessen und Geben öffne, wodurch ich empfänglicher werde. Unser Wesen ist von gebender Natur. Geben entspricht unserem göttlichen Ursprung. Gebend finden wir uns, teilend werden wir ganz. Wie wunderbar, im wörtlichen Sinne.
Es ist schön, die Freude, die mir dieses Wissen bereitet, zu teilen - mitzuteilen.

Materielle Mehrung durch Teilen?

Es ist leicht nachvollziehbar, dass Teilen auf seelisch-emotionaler Ebene Mehrung und Fülle nach sich zieht.
Jesus zeigte aber, dass das Brechen des Brotes und die Verteilung der Speise auch auf der materiellen Ebene eine Vermehrung zur Folge hat.
Ich gehe davon aus, dass Liebe und Zuwendung auf die pflanzliche und tierische Mitwelt einwirkt. Denken wir nur an den Findhorn-Garten, wo Gemüse gedieh, welches üblicherweise in dieser kühlen-nordischen Gegend nicht wachsen konnte und zudem in einer Grösse, die alle normalen Masse überstieg.
Ich glaube, dass Liebe und Mitgefühl Wachstum anregt und Heilung begünstigt. Immer! Wenn wir das Licht in der Materie ansprechen, so wird sie sich entfalten. Die Entwicklung neuer, noch nie dagewesener Lebewesen wird im einem Klima von Anteilnahme auch viel leichter vorstellbar, als in einem Klima der Angst, der Hetze und der Gier.
Teilen aus Liebe führt zu Wachstum auf allen Ebenen! Wenn das stimmt, so ist diese Aussage zweitausend Jahre nach Jesu immer noch revolutionär - und noch immer wird sie nicht wirklich geglaubt.

Abgründe

Sie wissen: Die Schere zwischen arm und reich öffnet sich in rasantem Tempo. Immer Wenigere besitzen mehr: Die paar reichsten Männer der Erde verfügen über das Vielfache des gesamten Vermögens der ärmsten Länder.
Die Ressourcen, wie etwa Mineralwasserquellen werden weitgehend durch Grosskonzerne (Nestlé) kontrolliert.
„Tiefe Traurigkeit erfasst uns, zu sehen wie jeder Aspekt des Lebens der Logik der Gewinnmaximierung und der Konkurrenz unterworfen wird... Durch seine inhärenten Mechanismen der Kapitalakkumulation und -konzentration baut der Kapitalismus systematisch das demokratische System der Machtteilung ab.“ (Aus „Gedanken über eine spirituelle, öko-soziale Partei Europas")
Der Mechanismus der Anhäufung führt zu Trennung, Ungerechtigkeit, Ungleichgewicht und Krankheit. Gestaute Energie implodiert, zerstört.

Die Weisheit des Teilens

Ganz anders die Weisheit des Teilens (Verteilens): Sie bewirkt Mehrung, Fülle und Ganzheit.
Uns der Weisheit und dem Geheimnis des Teilens anzunähern ist sehr viel mehr als eine interessante Beschäftigung. Sie ist not-wendig.

Teilen öffnet und leitet den Prozess der Zusammengehörigkeit und Wieder-Vereinigung ein. Teilen heilt, Teilen eint.

Jesus betonte in vielfacher Weise die Kraft der Vereinigung und Mehrung durch geschwisterliches Teilen. Etwa im Geschehen der Speisung der Viertausend, auf der Hochzeit in Kana und natürlich beim Abendmahl: "Und er nahm den Kelch, sprach das Dankgebet darüber und sagte: Nehmet ihn und teilt ihn unter euch." - Im Folgenden möchte ich den wundersamen Ablauf der Speisung der 5000 eingehender betrachten:

Die Speisung der Fünftausend

„Als der Tag zur Neige ging, kamen die Zwölf zu ihm und sagten: Schick die Menschen weg, damit sie in die umliegenden Dörfer und Gehöfte gehen, dort Unterkunft finden und etwas zu essen bekommen; denn wir sind hier an einem abgelegenen Ort. Er antwortete: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische; wir müssten erst weggehen und für all diese Leute Essen kaufen. Es waren etwa fünftausend Männer. Er erwiderte seinen Jüngern: Sagt ihnen, sie sollen sich in Gruppen zu ungefähr fünfzig zusammensetzen. Die Jünger taten, was er ihnen sagte, und veranlassten, dass sich alle setzten. Jesus aber nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete sie und brach sie; dann gab er sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten. Und alle assen und wurden satt. Als man die übriggebliebenen Brotstücke einsammelte, waren es zwölf Körbe voll.“ Luk. 9, 12 - 17.

Energie

Im Bewusstsein der Zusammengehörigkeit und des Teilens in Einheit (von dem im zitierten Gleichnis die Rede ist) wird die Polarität der Verarmung und Übersättigung überwunden und ein „REICHLICH-FÜR-ALLE" entsteht. Genug Energie ist da. Für alle.

Im Bewusstsein der Vereinzelung und Rivalität hat jedes
ZUVIEL ein ZUWENIG zur Seite: extremer materieller Reichtum erzeugt Armut.
Gesellschaftlich: die Arbeitenden klagen über zu viel Stress und Arbeit und zu wenig
Mussezeit; die Erwerbslosen leiden unter Mangel. Auch hier: Verteilprobleme.
Beschleunigung hat Stagnation und zähflüssige Langsamkeit zur Folge - und umgekehrt. Wir leben in einer Mangelgesellschaft, schrieb Jörg Wichmann in einem Artikel. Wie wahr!
Fehl-, Unter- und Überernährung zeigen die gestörte Balance.

Zusammenbleiben, Zusammentragen, in die Mitte bringen, (neu) ver-teilen.

Die Struktur der Geschichte/des Ereignisses gibt uns womöglich ein Antwort auf die Frage, wie die Menschheit ausreichend ernährt werden könnte und im kleinen: wie wir uns ausreichend auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene ernähren könnten:

  1. Stufe: Zusammensein im Geben. Die Logik der Jünger war eine ganz andere: Schick sie weg, wir haben zu wenig. Jesus ging von der Fülle aus, die Jünger vom Mangel. Jesus betonte die Gemeinschaft, die Jünger die Zerstreuung.
  2. Stufe: Spirituelle Ordnungen/Gemeinschaften/Dörfer bilden. Die Leute sollten sich gruppierenzu je fünfzig. Die Zahl 5, fünfzig, fünfhundert, fünftausend, etc. bedeutet das Zusammenwirken der Vier mit der Eins. Die Vier: die zeit-räumliche Welt (die vier Elemente) mit der Eins, dem Bewusstsein der Einheit. Durch dieses Zusammenkommen entsteht das Gefühl und das Wissen der Essenz, der Quint-Essenz.
  3. Das Vorhandene wird zusammengetragen und in die Mitte gebracht. Jesus ist die Mitte und steht für die Einheit. Indem er zum Himmel aufblickt, baut er die Vertikale auf, die Achse der Zeitlosigkeit, des Jetzt, der Einheit. In diesem Bewusstsein erfolgt die Segnung und die Brechung des Brotes, auf Herzhöhe: die Teilung beginnt.
  4. Durch diese Teilung erfolgt Sättigung und Fülle. Aus der Mitte geben vermehrt. Hinzufügen durch Teilen. Wenn der Mensch sich im Du selbst erkennt (Ich bin Du) empfängt er, wenn er gibt. Teilen setzt gehortete und gestaute Energie frei, sowohl beim Geber, wie auch beim Empfänger und im Begegnungsraum erwacht neues LEBEN. Die 2 der zwei Fische weisen auf die Zwei-Teilung hin, wodurch Beziehungen wachsen können.
  5. Ganzheitsbewusstsein und wahrer Reichtum sind entstanden. Dafür stehen die 12 gefüllten Körbe. Zwölf: die Zahl der Ganzheit, der Vollständigkeit, wie das Jahr alles umfasst und die Verschiedenheit und Ergänzung der vier Jahreszeiten in ein grösseres Ganzes zusammenfasst.
Angst und Liebe

Die Angst sagt: Wenn ich weggebe, habe ich nachher (noch) weniger. Durch Wegeben verliere ich, entsteht Mangel, muss ich mich von dem, was ich habe trennen.
Die Liebe sagt: Durch Geben und Teilen erfüllt sich, was wir benötigen, wachsen wir, werde ich, werden wir ganz.
Die Angst sagt (das Ego ist auf ihr aufgebaut): wenn ich Dir auch noch Aufmerksamkeit und Zuwendung gebe, verliere ich meine Zeit.
Die Liebe (das Vertrauen) sagt: wenn ich dir Aufmerksamkeit und Zeit schenke, werden wir genährt.

Freundschaft

Freundschaft ist das Gefäss des Teilens und Weitergebens. Der heilende (heilige) Geist verbreitet sich durch Freundschaft. Freundschaft führt zum Teilen und das Teilen führt zur Freundschaft.
Auch Liebe und Weisheit verbreiten sich durch Freundschaft. Nur so können sie Wurzeln bilden.
Teilen ist die Weise, wie sich die Trennungs-Illusion aufhebt. Durch Teilen erfahren wir wieder, dass wir zusammen gehören. Jesus bricht das Brot, teilt, um uns zu vereinigen.
Das Abendmahl erinnert uns an diese Wahrheit, das Brechen des Brotes, das Weiterreichen des Kruges, das Weitergeben der Erfahrung, das Teilen schmerzlicher und freudiger Erfahrungen.

Teilen schafft Freude

Teilend nehmen wir miteinander Verbindungen auf. Das Gefühl der Verbundenheit weckt Freude.
Freude ist immer Ausdruck inniger Verbundenheit und Freudlosigkeit ist Resultat von Isolation, Trennung und Einsamkeit.
Je grösser die Freude, desto deutlicher wissen wir, dass wir in einem vielfältigen Beziehungsnetz aufgehoben sind. Wir fühlen uns mit unzähligen Wesenheiten verbunden: mit Freunden, Verwandten und Ahnen, mit Tieren und Pflanzen und dem lebendigen Organismus der Erde. Wir wissen: es sind alles unsere Verwandten. Wir fühlen uns als Teil des Kosmos, und wir erleben die Anwesenheit Gottes in allem, ganz besonders aber in unserem Herzen.

Resumé

Ich möchte nun stichwortartig, die mir wichtigsten Aussagen dieses Essays zusammenfassen:

  • Mitgefühl und Barmherzigkeit, führen zum Akt des Teilens.
    Teilen heisst Kommunizieren.
  • Teilen heilt. Es führt aus der Isolation in die Gemeinschaft.
  • Unsere menschliche Natur ist ursächlich eine gebende, strahlende. Teilend werden wir ganz.
  • Teilen aus Liebe mehrt auf allen Ebenen (seelisch und materiell)
  • Teilen beruht auf der Annahme von Fülle, während Anhäufung den Mangel betont.
  • Teilen vereint - eint! Das Brechen des Brotes leitet den Prozess der (Wieder)- Vereinigung ein.
  • Der Geist verbreitet sich durch Freundschaft und Geschwisterlichkeit.
  • Verbundenheit und Beziehung wecken Freude. Freude ist Ausdruck von multi-dimensionaler Vernetzung.

Werner Binder / überarbeitete und erweiterte Fassung vom 17.3.04


Kraftfelder der Liebe
• Wir sind Kraftfelder der Liebe. Die Substanz der Lichtfasern unserer Seele ist Liebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl. Also: Das Lichtfeld unserer Seele ist ausstrahlende Liebe, sich mit-teilende Barmherzigkeit.

• Wir Menschen und alle Geschöpfe sind aufgebaut auf dieser Liebe. Sie ist unsere Grundlage, unsere Ursache, der Grund unserer Existenz, unseres Lebens.

• Liebe und grenzenloses Mitgefühl fliessen in allem und durch alles. Wie das Blut in unseren Adern und die Luft durch die Verästelungen der Lunge. Sie fliesst und zirkuliert wie die Winde, welche die Welt umgeben, die Flüsse, die Meeresströmungen.

• Liebe und Barmherzigkeit ist das uns Bewegende. Diese ursprüngliche Bewegung des Lebens ist all-gegenwärtig.

• Wenn wir in den leuchtenden Atem der Barmherzigkeit (wieder) eintreten, der uns zu Grunde liegt, treten wir in die umfassende Gegenwart, d.h. ins höhere Selbst ein.

• Im Atemstrom der Menschen, die sich geöffnet haben, finden vereinsamte und isolierte Geschöpfe zu sich selbst. In den Gesichtern der Befreiten, findet alles zu sich, wird alles intim und nah und die Erinnerung an die Ur-Verbundenheit, an das "Alles in Einem" weitet sich aus.

• Werden wir zu wachen Kraftfeldern der Liebe, in den Atem der Einheit Eingekehrten! Liebe ist wesenhaft Geben, strahlende Mit-Teilung. Wir geben durch bewusste Atmung, durch hilfreiches, mitfühlendes Tun und durch Teilen von Freude. Ebenso geben wir durch hörende, empfangende und bergende Anteilnahme.

• Um in den Kraftstrom der Liebe, der in uns fliesst, einzutauchen, brauchen wir sowohl das "Alleine-Sein" wie die Freundschaft und die Gemeinschaft. Wir benötigen Hingabe nach innen und Hingabe nach aussen, ruhende Stille und dynamisches Engagement. Wir brauchen die Leidenschaft des Liebenden und die Stille der Zeugenschaft. Es sind immer die zwei Flügel, die uns tragen und unsere Mitte ausbilden und kräftigen.

• Das was uns heilt, tragen wir in uns. In Stille können wir diese Heilkraft wach atmen und ausgiessen und alles umarmen.

• Liebe ist einbeziehende, integrierende, die alles sanft umfassende Kraft, die alles in Verschiedenheit und Einzigartigkeit sein lässt.

• Die Liebe ist es, die wir im Grunde sind und im Atem der Liebe und Barmherzigkeit kann sie sich entfalten: in und um uns herum, in unserer Seele und in der Seele der Welt. Liebe ist teilende Kraft, die mehrt. Liebe ist nie privat, nie entweder-oder, nie ausgrenzend, nie aburteilend, nie einengend oder ablehnend, sondern All-Einigkeit, All-Geborgenheit, All-Liebe. Im Atem der Barmherzigkeit wird sie freigesetzt.

• Wir arbeiten an der Heilung der Welt dann mit, wenn wir uns an den grossen schöperischen Liebes-Atem erinnern, der in allem fliesst. Wir arbeiten an der Heilung der Welt (die wir auch sind) mit, wenn wir uns in unserem Handeln und Fühlen dem Benachteiligten zuneigen. Denn Barmherzigkeit ist nichts anderes als stete, liebende Zuneigung, die zwischen und in Gnade und Gerechtigkeit wirkt.

• Unsere Leiblichkeit ist ein Same, aufgehoben in der strahlenden Grenzenlosigkeit unserer Seelenlandschaft, die mit der Seele der Welt im Einklang ist. Liebesatem ist ihre Vibration.

• In Stille findet uns die Liebe, findet uns der all-liebende Gott. So wird der Suchende zum Gefundenen, der nun auf den Weg geht, um zu geben.

Werner Binder
Dieser Text ist eine thesenartige Kurzfassung meines Buches im "Atem der Barmherzigkeit"

Entstehungsbedingungen des Bösen - Ansätze zur Heilung
Ich denke an einen Vater, der seine kleinen Kinder immer wieder vor für sie unlösbare Aufgaben stellt, ums sie dann zu bestrafen und zu verspotten, wenn sie am Unlösbaren scheitern. Ein sadistisches Lachen überkommt ihn, wenn er sich an der Verzweiflung und der Überforderung seiner Kinder ergötzt. - Seine eigene Erziehung war von Gewalt und Ohnmacht gekennzeichnet, die er nun weitergibt, gefangen im Zwang der Wiederholung.

Sein Kosmos ist ein feindseliger: Man muss hart und überlegen sein, um das Leben auszuhalten. Seine Kinder sollen das lernen, so wie er es musste. Trauer erträgt er nicht, macht ihn aggressiv, oder er wird hart und versteinert, wenn er keine Fluchtgelegenheit hat. Er verleugnet sein Leiden und verachtet es in seiner Umgebung.

Ursachen und Merkmale der Gewalt

Verleugnung, Ablehnung und Verachtung des Schmerzes und feiner Gefühlsregungen sind Ursachen und Entstehungsbedingungen von Gewalt und Destruktivität. Verleugnete und abgelehnte Ohnmacht wird umgedreht in zwanghaftes, beherrschendes Verhalten. Die Härte richtet sich meist sowohl nach innen (Selbstverachtung bei Versagen) wie nach aussen. Das existentielle Lebensgefühl hinter dieser Verachtung: ein als feindselig erlebter Kosmos; abgründiges Verlorensein, abgetrennt und abgestossen vom Ganzen. Dieses will meine Vernichtung. Durch Vorsicht, Schläue und Gewaltbereitschaft kann ich meinem vorzeitigen Tod entgehen. Die frühen Lebensbedingungen eines Menschen mit derartiger Lebenssicht sind leicht zu erahnen. Gewalt steht in Beziehung zu nicht eingestandener Not.

Schwächen erscheinen immer als Niederlage, Demütigung und Schande. Schwachsein bedeutet, mein Gesicht zu verlieren. Durch Dominanz und Überspielen entgehe ich der Schande des vermeintlichen Erniedrigtseins. Hitler verkörperte eben diese Abwehr. Seinen eigentlich zittrigen Arm winkelte er zu einer "Schraubzwinge" an. Einzelne Menschen, wie auch Gruppen und Völker unterliegen diesem Zwang und diesem Wahn zur Grösse und scheinbarer Überlegenheit, gespeist aus Angst und Minderwertigkeitsgefühlen. - Wann immer ein Volk seine babylonischen Türme errichtet: Seien wir wachsam!

Exodus

Wurden Adam und Eva aus dem Paradies verstossen oder haben sie das Paradies aus ihrem Herzen gestossen?
Werden wir Menschen von Gott bestraft oder leiden wir, weil wir uns abkapseln wie die kranke Zelle, welche sich aus dem Gesamtverband aller Zellen abgetrennt hat?

Ich meine, dass die zweite Variante der Wahrheit entspricht.

Ablehnung, Ausstossung und die Projektion dieser Abweisung auf einen "strafenden Gott" oder auf ein böses Schicksal oder bestimmte Gruppen von Menschen und die nachträgliche Verleugnung und Verdrängung dieses Abwehrvorganges verursachen das Aufkommen des Bösen.
Die Abweisung der Eigen-Verantwortung konstelliert den Feind. Das verdunkelte Eigene erscheint nun als Feind im Aussen, so wie die Abweisung geistiger und seelischer Zuwendungen meine Isolation und mein Misstrauen begründet und verstärkt.
Diesen Zustand kann man auch als Nicht-Wissen benennen. Er bewirkt Vereinzelung, Isolation und Einsamkeit und eine paranoide Sichtweise. Das auf Angst beruhende paranoide Lebensgefühl führt zur Bewaffnung und zu innerer und äusserer Aufrüstung. - Die Wieder-Erinnerung und Erkenntnis an die ursprüngliche Verbundenheit allen Lebens führt in das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit, wo tiefe Entspannung und Vertrauen ist.

Formen des Bösen

Mit dem Bösen meine ich nicht Untugenden, sondern anhaltende und massive Verletzung von Leben.
Der Prozess des Abschneidens führt u.a. zur Entstehung des Bösen und wirkt in ihm weiter.
Das Böse wirkt persönlich - individuell, wie auch strukturell. Es wirkt auf der Ebene der Gedanken und Gedankenkomplexe (negative Elementale (Daskalos), negative morphogenetische Felder (Sheldrake), wie auch auf der Ebene der Gesetzgebung, und der Taten.
Die Emotionen und Handlungen folgen den Grund-Gedanken. Ein Weltbild, das auf Feindseligkeit beruht, führt zu Grund-Gedanken, in denen unversöhnliche Gegensätze und Fronten postuliert sind. Sie bewirken dementsprechende Gefühle (Angst und Abwehrbereitschaft), Theorien und Verhaltensanweisen, die in der Regel auf Kontrolle, Beherrschung und Unterdrückung abzielen.

Es lassen sich drei Wirkungsweisen des Bösen unterscheiden:

Diabolisches Verhalten bewirkt Dualität und Spaltung, Abtrennung, polarisierendes Ausspielen. Teile des Lebens, die als fragil und verletzlich erscheinen, werden als unwertes Leben ab- und ausgesondert. Man entfremdet sich ihnen. Oft sind es Aggressionen und tiefe Liebesgefühle, die in den Schattenbereich abgedrängt werden. Sünde kann als Entfremdung und Absonderung verstanden werden. Nun werden aber nicht nur Schwächen und schmerzliche Gefühle ausgesondert, sondern auch Stärken, Begabungen, das eigene Licht. So können wir auch den Begriff der Sünde erweitern: Diese wäre demnach auch Abwendung vom eigenen Licht, von der eigenen Schönheit und Kraft. Zuwenig haben sich die psychologischen Theorien mit der Abwehr des eigenen Potentiales beschäftigt. Ein wichtiger Aspekt jeglicher Heilungsarbeit, wie Psychotherapie, besteht darin, Abgespaltenes zu re-integrieren, und zwar sowohl negative, wie auch positive Anteile.

Luziferisches Verhalten bedeutet ein Glorifizieren des eigenen Könnens und des Erfolges. Es ist ein Sich-selbst-genügen. Triumph nährt das "Strohfeuer". Gefühle der Bedürftigkeit, der Verlassenheit und Kleinheit werden ins Gegenteil verkehrt. Wir erinnern uns: Luzifer forderte Jesus auf, zu fliegen, um mit seinen Wunderkräften zu imponieren. Die andern Menschen sind Satelliten im eigenen Glanz. Auch hier erkennen wir das Moment der Abtrennung: Luzifer baut sein eigenes Reich auf.

Ahrimanisches Verhalten kann als Sucht zur totalen Kontrolle verstanden werden. Der "Maschinen-" und der "Warenmensch" ist manipulier- und steuerbar. Der Roboter, die virtuelle Gestalt, enttäuscht nicht. Auch hier ist leicht die Angst und Ablehnung vor Gebrechlichkeit, Unvollkommenheit, vor einer Welt des Werdens und Vergehens zu erkennen, zu der Sterben und Tod gehören. Die Unberechenbarkeit des Lebens wird verachtet und Hingabe als etwas Schreckliches erlebt. Der Kosmos ist auch hier gefährlich. Er muss gebändigt werden. Verfügbarkeit ist alles. So erstarrt Leben.

Ablehnung, Abtrennung, Isolation und Verachtung des Unfertigen, des Lebens in Bewegung, basierend auf Angst und Misstrauen, kennzeichnen die Grund-Bedingungen und Mechanismen des Bösen und der Gewalt. Verdienst der Psychoanalyse war es u.a., die zahlreichen Abwehrmechanismen der Menschen zu erkennen: z.B. die Projektion ungeliebter Persönlichkeitsanteile auf andere, Über-Kompensationen (etwa Imponiergehabe) von Erlebnissen, die als schmachvoll empfunden worden sind, Delegation von verdrängten Persönlichkeitsanteilen (das Kind als Symptomträger), Isolierung und "Einfrieren" von Emotionen, die als bedrohlich erlebt worden sind, usw.
Angst, Misstrauen und Gewalt wurzeln zumeist in einem frühkindlichen Mangel an Geborgenheit und in traumatischen Trennungserfahrungen körperlicher und/oder emotionaler Art. Wie sollen Eltern nur Geborgenheit vermitteln können, wenn sie sich aus dem Kosmos und aus ihrer eigenen Mitte herausgeworfen und unverbunden fühlen? Um geborgenheitsspendende Eltern sein zu können, brauchen diese die Beziehung zur "grossen Mutter" und zum "grossen Vater".

Die genannten Abwehr-Mechanismen wirken sich auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene aus. Sie erzeugen die herrschende Bewusstseinsverfassung mit, bzw. das Energiefeld, das wiederum rückwirkend das Lebensgefühl prägt, wodurch Misstrauen und Angst bestätigt werden.
Eine Teil-Verantwortung für diese gewalt-erzeugenden Mechanismen müssen auch jene religiösen Glaubensrichtungen auf sich nehmen, die penetrant die ursprüngliche Boshaftigkeit und Sündhaftigkeit des Menschen betonen und dadurch die Vertrauensbildung vieler Menschen schwer beeinträchtigt haben.

Die Medizin

Deshalb erscheint es mir so wichtig, dass vertrauende Menschen vom "Grossen Segen" (Matthew Fox) berichten, der dieser Welt zu Grunde liegt.
Trost und Zärtlichkeit ist die benötigte Medizin und die Liebe zum Unvollkommenen, Unerlösten, zum Gebrechlichen, Unfertigen, zum Zarten und Verletzlichen; die Liebe aber auch zur archaischen Wildheit und zur Kraft der Sexualität.
Durch Re-Integration, d.h. Wieder-Einbezug der abgelehnten Persönlichkeitsanteile durch liebende Zuwendung und Verständnis wird Gewalt- und Zerstörungsbereitschaft überwunden. Wesentlich dabei ist, die hinter der Gewalt liegende Not zu erspüren und anzuerkennen.
Dasselbe gilt auch auf gesellschaftlicher Ebene: Heilungs- und Regenerationsprozesse können dann eingeleitet werden, wenn Gesellschaften sich ihren dunklen Seiten durch Wahrhaftigkeit und Trauerarbeit (z.B. Holocaust, koloniale Vergangenheit) wieder annähern. Hier leistete die Wahrheitskommission von Südafrika Pionierarbeit. Sie ist wohl eines der hoffnungsvollsten Modelle von Versöhnungsarbeit.
Versöhnung bedeutet immer auch Verzeihen. Im Groll halten wir an den Fehlern anderer fest, im Verzeihen lassen wir von ihnen los. Vergebung folgt nach der Auseinandersetzung, umgeht diese nicht.
Vergebung ist nur möglich, wenn wir in Verbindung zur Quelle in unserem Herzen sind.
Wenn ich mich durch das Andere, Fremde ergänzen (ganz-machen) lasse, so fällt der Schritt leicht, das Fremde, Andere, der verschiedenen Völkern und Kulturen als Teil meines/unseres Ganzen (des Höheren Selbst) zu erkennen.
Heilung kommt aus dem "Dazwischen", der Kraft der Mitte. Wo Abgründe waren, wachsen Blumen.
Die Kraft der Mitte (die dritte Kraft) ist heilende und Beziehung schaffende Liebe.

Heilungsarbeit wäre in diesem Sinne "Gartenarbeit". Sie würde auch bedeuten, die Samen des Friedens in die Konfliktzonen zu bringen, und hiesse, das Leiden und die herrschenden Spannungen anzunehmen und vertrauend auszuhalten.
Der Ort des Schmerzes kann zum Ort der Heilung werden. Das lehrt sowohl individuelle wie kollektive Heilungsarbeit.

Das Gesicht verlieren - es finden

Wir kennen sie alle, diese endlos vielen Geschichten, wo Menschen (meist sind es Männer) alles tun, um ihr Gesicht nicht zu verlieren, und, verlieren sie es doch, in eine Art Raserei verfallen, in der sie andere oder sich schädigen oder zerstören. Das Ego fühlt sich permanent attackiert und ist damit beschäftigt, innere und äussere Kontroll-Mechanismen aufzubauen und zu perfektionieren.
In der Weitsicht des Herzens identifizieren wir uns mit dem All-Umfassenden. Darin finden wir zum Gesicht, das Wohlwollen und kosmische Weite atmet.
Der Friede in uns, lässt uns zu Friedensarbeiter und Friedensarbeiterinnen werden.

Die Heilkraft des Herzens

Das Licht der Heilung entflammt im Magnetfeld des Herzens. Die Überwindung des Bösen und das Wissen um heilende Liebe ist ihm eingegeben.
Das, was den Menschen heilt, ist seine tiefste Grundlage und seine Ursache. Erwachte Herzen sind Empfänger und Sender dieses Wissens.
Diese Art der heilenden Herzens-Kommunikation kann rational nicht erweckt werden - Hingabe und Hinhören ermöglichen sie.

Werner Binder

Dieser Artikel erschien im HOLON-Journal Nr. 10, 2000. Ende 2002 habe ich ihn leicht überarbeitet und erweitert.


Friedenskundgebung Zürich 30. November 2002
Ansprache von Gil Ducommun
Dozent für Entwicklungspolitik an der FH Bern, Initiator von dynamik5 und Mitbegründer von HOLON

Liebe Anwesende, liebe Mitbewegte Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder,

Wir stehen hier mit Lichtern, Kerzen und Lampen und sagen: Nein zum Krieg als Form der Konfliktlösung. Wir teilen dies unseren Behörden mit, unserem Bundesrat, aber auch den amerikanischen Behörden, dem Präsidenten W. Bush und dem Regierungschef Tony Blair.

1/ Was würde ein Krieg gegen Irak bewirken?

Ein Krieg um den Präsidenten Saddam Hussein zu stürzen würde Hunderttausenden von Irakern und einigen Tausend amerikanischen und weiteren Soldaten das Leben nehmen, weitere Zehntausende invalid zurücklassen und nochmals so viele Witwen und Waisenkinder. Ist dieser Preis nicht viel zu hoch, nur um eine Regierung abzusetzen? Wenn es überhaupt gelingt. Und Irak würde verwüstet. Wollen wir das? Sollen die USA und westliche Truppen Irak für Jahre besetzen, falls das heutige Regime tatsächlich fällt? Diese Folgen eines Krieges gegen Irak lehnen wir ab. Krieg ist keine Lösung.

Aber nicht dies allein wären die Folgen. Wie wir den Medienberichten entnehmen konnten, fühlt sich die breite Masse der islamischen Bevölkerungen mit Irak solidarisch. Wenn die UNO mit Billigung des Sicherheitsrates und der Regierungen der islamischen Länder militärisch eingreift, könnte es wohl sein, dass sich diese Massen gegen ihre Regierungen erheben und der Islamgürtel von Marokko bis Pakistan politisch zerrüttet würde. Die heute moderaten Regierungen würden zerfallen wie Kartenhäuser, um fundamentalistischen Kräften das Feld zu überlassen.

Und wenn die USA alleine mit wenigen Verbündeten den Irak angreifen, dann ist es ebenso wahrscheinlich, dass die arabischen und islamischen Massen auf die Strassen gehen werden und ihrer Wut freien Lauf lassen. Von Marokko bis Ägypten, vom Libanon über Iran, Pakistan bis nach Indonesien, durch den ganzen islamischen Raum könnte ein riesiges Lauffeuer der Gewalt und Zerstörung ziehen und alle westlichen Güter niederreissen. Dieses Bild des Grauens können wir uns leicht ausmalen, es fliessen genügend Pipelines durch all diese Länder. Schwarz malen ist nicht förderlich, aber wir sollen uns der Gefahren bewusst sein. Diese Gefahren bestehen und solche Risiken dürfen nicht eingegangen werden.

2/ Nach den grauenhaften Terroranschlägen des 11. Septembers gegen das World Trade Center und den Pentagon, waren wir gespannt zu erfahren, wie Amerika reagieren würde. Die Regierung hat sich für Gegengewalt entschieden. Das ist wie im Christentum des Alten Testaments und des Mittelalters, wo Gewalt mit Gewalt beantwortet wird. Wir erhofften uns ein kleines Wunder, eine Antwort des Verstehens, der christlichen Nächstenliebe. Denn Gegengewalt wird nur neue Gewalt hervorbringen, nicht Frieden. Für jeden verlorenen Kopf wird die Hydra des Hasses zehn neue gebären. Sie wird alle Länder in Polizeistaaten, die Welt in eine Überwachungsgesellschaft verwandeln. Unzählige Länder werden wir nicht mehr bereisen dürfen. Das ist der Frieden, welcher die amerikanische Strategie der Gegengewalt uns für Jahrzehnte bescheren wird.

Bestimmt, nichts kann Terroranschläge rechtfertigen. Aber wir könnten erkennen, was sie uns sagen wollten: Sie sind die Folge von Wut, Hass und Verzweiflung. Diese Gefühle entstanden nicht aus dem Nichts, sondern aus einem dreifachen Grund: 1. hat die christliche Kultur spätestens seit den Kreuzzügen die islamische Religion und Kultur gedemütigt; 2. leben im arabischen und islamischen Raum Hunderttausende in bitterer Armut, ohne Arbeit, auch weil der Westen rücksichtslos und egoistisch seine eigenen Wirtschaftsinteressen verfolgt und 3. verteidigen die USA zur Zeit die israelische Politik, auch ihre konservativen Kräfte, gegen die Palästinenser. Hier liegen die Ursachen der Wut und des Terrors begraben.

3/ Was ist also konkret zu tun? Frieden, den wollen alle Menschen. Aber was wäre eine Antwort auf den Terror, die Frieden und nicht Hass erzeugt? Dem Terror müsste der Nährboden entzogen werden, ein Boden der Wut und Verzweiflung hervorbringt. Ich sehe zwei Lösungswege: der eine Weg führt nach aussen, der andere nach innen.

Der äussere Weg besagt: Kein Frieden ohne Gerechtigkeit, "no peace without justice". Dieser Ansatz enthält zwei Elemente:

1. muss Israel vom Westen gedrängt werden, in seine Grenzen zurück zu kehren, alle jüdischen Siedlungen im palästinensischen Gebiet aufzulösen. Dann soll die Gründung des palästinensischen Staates vorangetrieben werden. Weiter brauchen beide Länder von der Weltgemeinschaft eine Sicherheitsgarantie, einen international abgesicherten Friedenspakt. Denn die Mehrheit der Israelis möchten Frieden, aber sie haben Angst.

2. muss der Westen alle Länder des islamischen Raumes unterstützen, ihre eigenen Industrien aufzubauen und grosse Mengen Arbeitsplätze zu schaffen. Wirtschaftliches Wachstum ist der Boden, in dem der Hass und die Wut versickern werden. Finanzielle Mittel dafür stünden eigentlich schon zur Verfügung, nur wurden sie für Waffensysteme statt für Aufbau bestimmt.

Diese beiden Elemente: eine gerechte Lösung zwischen Israelis und Palästinensern und wirtschaftliches Wachstum werden dem Terrorismus den Nährboden entziehen und wirklich Frieden stiften. Wenn die islamischen Bevölkerungen den wahren guten Willen der westlichen Welt erkennen, dann werden sich ihre Wut und Kränkung verflüchtigen. In einem solchen Umfeld wird Präsident Saddam Hussein die Solidarität der arabischen Bevölkerungen verlieren, denn er ist ein gefährlicher Herrscher, er hat es bewiesen mit seinen Angriffskriegen gegen Iran und Kuwait. Nicht umsonst hat Syrien im Sicherheitsrat der UNO die Resolution für strenge Waffenkontrollen ebenfalls unterstützt.

Aber dieser äussere Lösungsweg des Mitgefühls, der Grosszügigkeit und Gerechtigkeit setzt bei uns einen Weg nach innen voraus, den wir alle zu bewältigen haben: Wir müssen in uns die Bereitschaft zum Teilen aufbauen, erkennen, dass unsere Lebensqualität nicht mehr wesentlich von unserem materiellen Wohlstand abhängt. Unser materielles Gut darf sogar etwas schrumpfen, damit es den sogenannten Drittwelt-Ländern besser geht. Ihre Industrien müssen ein Stück weit unsere Produktion ersetzen. Dadurch könnten unsere Einkommen schrumpfen, wir müssten allenfalls unsere Arbeitplätze und unser Volkseinkommen besser verteilen. Arm wären wir nicht, aber innerlich reicher. Frieden braucht Gerechtigkeit, "peace needs justice". Die Menschheit lebt heute in einem Zustand der sozialen Gewalt, die einen in Not, die anderen in Verschwendung. Diese Ungerechtigkeit muss der Westen ändern. Nein, Mr. Präsident, das Gute ist nicht im Westen und das Böse anderswo.

Wenn wir von Präsident Bush und Premierminister Blair verlangen, dass sie in sich den Weg des Mitgefühls und der Versöhnung finden, dann sollten wir erkennen, wie schwierig diese Aufgabe ist, die wir von ihnen verlangen. Jede und jeder hier stelle sich die Person vor, die er oder sie am wenigsten mag, oder gar hasst. ... Und jetzt stellen wir uns vor, das wir mit dieser Person Frieden schliessen: Wir nennen die Kränkungen, wir verzeihen ihr, wir bitten sie um Verzeihung, wir umarmen sie. Versöhnung ist ein schwieriger, innerer Wachstumsprozess. Wir können den Weg des Friedens gehen. Aber er ist nur leicht, wenn wir ihn von anderen fordern. Von uns verlangt er tiefes inneres Reifen.

"Mr. President, if you really want peace, please sow economic justice. Lets find together the way to the place in our heart, where true love waits for an open door." Herr Präsident, wenn sie wirklich Frieden wollen, bitte säen sie wirtschaftliche Gerechtigkeit. Gehen wir zusammen den Weg zum Ort in unserem Herzen, wo unsere Liebe vor verschlossenem Tor wartet.

Liebe Anwesende, ich danke Ihnen für ihr Kommen und ihre Aufmerksamkeit.

                                

BETEN
Trägt die Seele die Sehnsucht und Bestimmung in sich, Gebet zu werden? Ist die Seele ursächlich ein betendes Wesen?

Eben schlief ich eine Stunde. Ich träumte. Und dieser Traum war ein Gebet. Als ich AMEN sagte, war das gleichzeitig der letzte Moment des Traumes und des Schlafes wie auch der erste Moment des Erwachens. Manchmal bete ich, wenn ich träume.

"Oh, mein Gott" rufen Menschen, wenn etwas überraschend und überwältigend schön und kraftvoll ist: eine unerwartete tiefe Begegnung, ein tiefer Einblick in ein Geschehen (innerlich oder äusserlich) oder ein erotisches, sexuelles Erlebnis. In manchen Fälle mag dieser Ausruf ein Gebet sein. Oft ist es uns nicht bewusst, wenn wir beten, weil wir nicht wissen, was Beten ist oder weil wir diesen Begriff für feste, ernste, gesprochene Wortabfolgen halten.

Wenn wir uns unserem innersten Wesen nähern - zum Beispiel während einer Therapiesitzung oder einem sehr vertraulichen, intimen Gespräch - dann handelt es sich dabei um ein Gebet oder zumindest um einen gebetsähnlichen Zustand.

Wenn wir mit dem Innersten reden oder uns vom Innersten ansprechen lassen, dann beten wir. Das Innerste unseres Wesens ist Gott. Wenn wir das Innerste eines Menschen ansprechen, beten wir, denn es ist Gott selbst, den wir im andern ansprechen - oder der uns anspricht. Ein liebevolles und intimes Gespräch mit unserem innersten Wesenskern oder mit dem Wesen anderer Menschen bezeichne ich als Gebet.

Es ist oft nicht klar, wer denn redet, wenn wir beten. Sind wir es oder ist es Gott, der in uns und aus uns spricht?

Jedes Gebet ist eine Liebeserklärung - die am schönsten ist, wenn sie gegenseitig ausgesprochen wird. Eine erkannte Seele beginnt zu schwingen und zu vibrieren. Zwei Seelen, die sich wirklich gesehen haben (zwei Verliebte) geraten in einen Zustand des Jubels, weil sie erahnen oder gar erkennen, wie tief und umfassend sie verwandt sind, zwei in einem. Das ist ein Gebets-Zustand.
Gebet ist voller Entzücken, Ekstase und Süsse, voller Frische und ungeahnter Verbundenheit; es ist ein Sprechen mit oder ohne gesprochene Sprache. Im Herzensaustausch des Gebetes spricht alles: die Halme im Wind, die Schattenspiele, die Tropfen, die vom Himmel fallen, das Licht im Haar, alles. Alles spricht.
In der Stille hören wir Seine Stimme, die in allem spricht, aus allem spricht.

Beten ist ein Zustand der Seele in Ekstase, ein Zustand des Wiederfindens und der Wiedervereinigung. Beten ist die Freude darüber, dass uns der Freund oder die Freundin entgegenkommt und bedingungslos für uns da ist.
Beten ist kein gequältes Ringen gebückter Menschen, die den Atem anhalten und die gefalteten Hände zwischen die Knie zwängen, nein, denke, wenn ich von Beten spreche an einen Sonnenaufgang, an einem frischen Morgen, an einen perlenden Wasserfall, an die Zeit deiner grössten Liebe und an den Flug der Schwalben im Dämmerlicht.
Gebet ist reine Poesie, Leidenschaft in Austausch, der Gesang tanzender Seelen in unfassbarer Stille. Gebet ist, wenn Trost sich über dich legt, wie die wundersamste Decke, die zu erhalten du schon längst als unmöglich erklärt hast.

Wenn die Seele betet ist sie in ihrem Ur-Element. Eine betende Seele tanzt, einem Schmetterling gleich, in der aufgehenden Sonne.

Werner

WIR KREIEREN, WAS WIR BRAUCHEN

• Wir Menschen kreieren, was wir brauchen, um fortzuschreiten zu dem, was wir sind.

• Auch jeder soziale Organismus entfaltet ein Bewusstseinsfeld, welches zur rechten Zeit
   jene Herausforderungen, Schwierigkeiten, Chance und Aufgaben hervorbringt, die zur
   Entwicklung der anstehenden Wandlungs- und Erneuerungsprozesse nötig sind.

• Viele Bewegungen und Institutionen im Bereiche der Bewusstseinsentwicklung und
   Erneuerung reproduzieren das, was sie überwinden und transformieren wollen. In dem
   Moment, wo sie damit konfrontiert sind, lösen sie sich auf oder wachsen.

• Damit werden sie zu Anfängern, was etwas wunderbares ist. Am Anfang ist der
   Ursprung gegenwärtig.

• Der Verweis auf das Unerlöste, zu Transformierende, ermöglicht in die Haltung der
   Demut und es Nichtwissens zu gelangen, was heilsam ist.

• Es ist gut zu erkennen, was angeschaut und verstanden werden will.

• Im Spiegel der Wahrheit erkennen wir die Diskrepanz zwischen dem, was wir anstreben
   und unserem realen Vermögen, bzw. Unvermögen.

• Diese Spannung gilt es auszuhalten, die Spannung zwischen dem geahnten und gefühlten
   Wunderbaren und dem Unvollkommenen.

• Dazwischen, in der Mitte ist das grosse Licht, das uns zur nächsten Stufe in unserem
   Werdegang (der Evolution) führen kann.

• Hier wird die Polarität überstiegen. - Dann, wenn wir bereit sind sie auszuhalten, kann
   Ergänzung, Heilung und Integration stattfinden.

• Durch Integration, nicht durch Ausschluss, Ab- und Ausgrenzung schreiten wir weiter.
   Integration findet nur dann statt, wenn wir die Tatsache der Zweiheit und Gegensätzlich-
   keit zu akzeptieren bereit sind.

Barmherzigkeit und Mitgefühl erfordert den Mut, das Leiden anzuschauen, sich davon treffen zu lassen und gleichzeitig im Licht der Liebe zu bleiben. Mit dem "Augen-Licht" liebevoll-mitfühlend ins Dunkle, Leidenden, Unvollkommene zu schauen und diese Spannung zwischen dem schon erlösten Wunderbaren und dem Verwundeten, Unperfekten auszuhalten, ist spirituelle Stärke. Nur so bilden sich Wege und Verbindungslinien aus Licht, Pfade der Barmherzigkeit durch zerklüftetes, abgründiges Land.

Diese Gedanken reflektieren meine Erfahrungen in und mit Gemeinschaften die Bewusstseinsentwicklung anstreben. HOLON, auf die sich diese Gedanken am unmittelbarsten beziehen, kenne ich am besten.


Ermächtigung von Innen
Wir haben ein schlechtes Selbstwertgefühl
Bedeutungslosigkeit und Lebensangst.
Ich erfahre, dass nur Wenige sich liebeswert fühlen und es nicht viele sind, die es gut "aushalten" geliebt zu werden und sich wertvoll und gut genug vorkommen, Liebe in reichlichem Masse anzunehmen und sich darüber zu freuen.
Kollektiv gesehen: Der Zusatand der Welt widerspiegelt die herrschende Bewusstseins- verfassung. Ruhte sie im Vertrauen, wäre die Welt eine andere: eine gerechtere und harmonischere. Die verbreitete Ohnmacht anzuerkennen, setzt ein Mindestmass von Hoffnung auf Genesung und Wachstum voraus.
Nicht die Todesangst, vielmehr die Lebensangst scheint mir das grosse Problem unserer Zeit zu sein.
Ausserhalb unserer Wesensmitte kann unsere Lebens- und Liebseskraft nicht frei fliessen.
Im quälenden Vergleich
Wer nicht um seine innere Einmaligkeit und Schönheit weiss, bleibt im unruhigen Suchen nach Wertigkeit und im quälenden Prozess des Vergleichens, Messens und Beurteilens mit Andern und eigenen Super-Idealen. Beobachten wir auf gesellschaftlicher Ebene nicht dasselbe?
Dieser quälende innere Prozess ist zermürbend, erschöpfend und selbstherabsetzend.
Wer kennt das nicht?
Unverbunden mit unserem Kern, sind die Lebenskräfte blockiert.
Person und Wesen
Ich möchte hier unterscheiden zwischen Person und Wesen. Als Person bezeichne ich im folgenden die durch Eltern und Gesellschaft geprägte sozial-angepasste Facette des Menschen, der zahlreiche Verhaltensweisen und -muster gelernt hat und von vielen Ideal-Bildern (oft unbewusst) gelenkt wird. Das Wesen: Die tiefste und ursprüngliche Qualität des wahren Selbst, seine einmalige Vibration, der unverwechselbare Klang.
Je grösser die Kluft zwischen Person/Persönlichkeit und dem inneren Wesen ist, desto geringer die Möglichkeit, dass sich der Kraftstrom aus der Quelle des Wesens ausbreiten kann. Erschöpfungs- und Sinnlosigkeitsgefühle können die Folge sein
Allmachtsphantasien und Grössenwahn
Wären wir wirklich in unserer Stärke, gäbe es keinen Grössenwahn. Der in seiner Kraft und Macht Stehende bewegt sich bescheiden, ruhig und sich selbst bewusst. Alle bewegende und schöpferische Kraft kommt aus der Wesensmitte. Wie sie wecken?

Ermächtigungsarbeit: Hilfe auf dem Weg zur Quelle
Erkennen befreit
Menschen, die niemals wirklich gesehen und erkannt wurden, sind bedrückt und im Zustand des Wartens. Erkennen setzt Lebenskraft frei; Erkanntes findet zur eigenen Kraft, atmet auf und Freude entsteht. Das gilt für die Erde, die Tiere, die Pflanzen, die Menschen, für alles. Wer gesehen, d.h. erkannt worden ist, kann aufstehen und seinen Weg gehen - das ist eine zentrale Botschaft von Christus. Wer seiner Herzensmitte näher kommt, nimmt die all-umfassende Verbundeenheit wahr, tritt aus seiner Isolation und weitet sich allmählich in alles aus.
Die Geburt des sozal-schöpferischen Selbst
geschieht in diesem Prozess des Selbst-Erkennens. Ich nehme mich nun als sebst-verantwortliche Mit-Schöpfung wahr und es wird deutlich, dass innen und aussen die zwei Seiten einer Medaille sind. Ermächtigung kommt von Innen. Wir tragen die Kraft, die uns heilt und transformiert in uns - die Menschheit trägt die Kraft der Regeneration in sich. In der Erkenntnis dessen, endet die Illusion der vermeintlichen Bedeutungslosigkeit.
Erfährt ein Mensch seinen "Duft", seinen "Klang", so kommt er in eine höhere Vibration und schwingt in die Breite, dehnt sich aus. Der Mensch beginnt zu wirken. Macht ist wirkende und gestaltende Lebenskraft. Hier in der Herzenstiefe geschieht die Umwandlung von der sozialen Anpassung (Druck und Zwänge gehören dazu) zum mitgeschöpflichen, mitfühlenden Selbst.

Autorisieren durch begleitende Ermunterung und Solidarität
Energie- und Raumspenden für Menschen, die zu ihrem Kraftzentrum finden möchten ist ein wichtiger erster Schritt im Ermächtigungsprozess. Konkret kann dies spirituelle und meditative Begleitung sein, Stützung des Selbstvertrauens, vor allem aber Wirken durch das eigenen Modell-sein.
Die Botschaft ist: Alles, was du brauchst auf deinem Weg, ist schon da in dir. Du bist eine unvergleichliche Nuance der Schöpfung; lebe sie als ein "Teil des Orchesters" und höre auf, dein Licht zu verdecken.
Der zweite, daraus hervorgehende Schritt besteht darin, Menschen zum Leben ihrer Vision und ihrer Aufgabe zu ermuntern, wenn nötig aufzurütteln.
Die Klippen
Beim Ausleben der Kräfte und Begabungen, d.h. beim Umsetzen und Handeln stellen sich die Herausforderungen ein in Form von Widerständen und Stolpersteinen (Prüfungen) aller Art. Da brechen alle Ängste hervor: Bin ich nicht verrückt oder würde ich als verrückt eingeschätzt werden, wenn ich wirklich zu leben begänne, was in mir ist. Die Angst zu verarmen oder aus dem sozialen Netz zu fallen kann bei ungewöhnlichen Projekten anschwellen. In vielen Fällen führen diese Ängste dazu, die Impulse von innen aufzuschieben, zu bändigen und anzuzweifeln. Die Träume werden verschoben: später.
Der Adler und die Sonne
Vielleicht kennen Sie die Geschichte vom Adler, der glaubte, ein Huhn zu sein und in Folge dessen, sich wie eines benahm. Es war der Anblick der Sonne, die ihn an seine Ursprungskraft erinnerte und an seine wahre Identität. Da breitete er seine Flügel aus und erhob sich in die Lüfte. Den Menschen in Kontakt zum Selbst, zur inneren Sonne begleiten, geduldig und beharrlich, das ist Ermächtigungsarbeit.
Gruppen Solidarität
Die Kraft und Solidarität von Gruppen von Menschen, die schon aufgebrochen sind, bilden Nährboden und "Reiseproviant" für "Reisebereite". Klafft hier nicht eine Lücke? - Bräuchte es hier nicht ein Netz der Hoffnung: einander unterstützender und mut-machender (Selbsthilfe-) Gruppen, die der Entwicklung der sozial-schöpferischen Kräfte ihrer Mitglieder dienen?
Ermächtigung erscheint mir primär als eine Frage der Vertrauensbildung und eines zunehmenden solaren Bewusstseins, erzeugt und gehalten in Gemeinschaft.
Werner Binder

Leuchtspuren des Menschen

A Menschheits-Dämmerung

Das Drehen ist kaum erkennbar, aber wir spüren, dass unser Planet in seinem blauen Licht tanzt. Betrachten wir ihn vom All her, erkennen wir ihn in seiner sanft-zärtlichen Stille und fühlen uns in der tiefsten Stelle berührt und bewegt.
Von oben sind seine Grenzen, die wir unten gezogen haben, nicht erkennbar. Dafür sehen wir diese unwahrscheinlich schönen Muster und Farbkompositionen.
Nur Liebe kann diese Schönheit hervorbringen.

Sollten wir tiefer "fliegen", erkennen wir nun die Dörfer, Städte, Wälder und Wüsten, die Seen und Meere - und zunehmende Verwüstungen: durch Smog kaum erkennbare Städte, eben abgeholzte Wälder, verseuchte Uferzonen, zerbombte Siedlungen.
Vom Herzen her besehen spüren wir Irritationen, Schmerz, Trauer, Verzweiflung. Wir erkennen den Kampf zwischen den Prinzipien: jener Angst-Macht und der heilenden Kraft der Liebe.
Dämmerung liegt über der Erde. Wir können ihr Alter erspüren, die Ahnen verwoben mit Bäumen und Flüssen. Und wir ahnen den Sternenstaub während ihrer Erschaffung und ihre Beziehung zu den umliegenden Planeten und Sonnen, ja vielleicht ihren besonderen Platz im Kosmos.
Wir hören ihren spezifischen Klang, der aber mehr und mehr unkenntlich wird unter der Irritation und Schmerz-Vibration der herrschenden Prozesse.
Schreie der Angst, des Schmerzes vermengen sich mit dem Jubel der sphärischen Chöre.
Auf der dunklen Erde zeichnen sich im Morgengrauen erste Lichtgerinnsel ab, welche feinsten Äderchen gleichen, die über und durch die Dunkelheit gleiten und zu zeichnen beginnen, als ob sie von einer weisen Hand geführt würden.
Erst wenn sich die Augen an das doch ziemlich dunkle Dämmerlicht gewöhnt haben, werden diese geheimnisvollen Licht-Zeichen gesehen. Sie erinnern an Schriftzeichen, die gelesen und gedeutet werden wollen.
Dann, bei den ersten Strahlen des anbrechenden Morgens wird spürbar (mehr als dass es mit den Augen erkannt werden könnte), dass sich eine Gestalt abzuzeichnen beginnt, welche den ganzen Erdball umspannt.
Ein allmähliches Leuchten dieser Gestalt wird für den erkennbar, der seine Hand auf dem Herzen hält und tief zu atmen beginnt.

B Das neue Gesicht der Erde

Mit der Zeit wird es gewiss und wir erkennen uns nach und nach selbst: Der Mensch, der sich auf unserer Erde abzuzeichnen beginnt. Der Menschheits-Mensch. Die Geburt der bewussten Menschheit: ein Lichtleib, vom Kosmos bestrahlt und aus dem Herzen geboren.
Der Menschheitsleib - fein verzweigt aus Millionen von Lichtzellen, die pulsieren - ersteht. Jeder Mensch eine Lichtzelle, das Ganze enthaltend. Das Bewusstsein der einen Menschheit in göttlichem Licht

Und dieser Menschheits-Mensch beginnt zu atmen und die ganze Erde bebt. Das Angesicht, in dem wir uns erkennen.
"Du in all Deinem Leid, Deinem Schmerz, Deiner Unbeholfenheit, Deiner Schwäche: Du bist gemeint, Du bist geliebt. Du pulsierst: Urmaterie, Urlicht, schon immer: Du, Wir."
Alles ist aufgehoben in unserer gemeinsamen Erde: Inkarniertes Liebes-Licht, aus dem wir sind und aus dem wir hervorgehen.

C Noch ist diese Erscheinung im Werden

 In diesem Werden, des sich allmählich abzeichnenden Menschen (der Urmensch, Adam Kadmon), öffnet sich langsam der aufgehende Atem: die Sonne der Barmherzigkeit, die in den Herzen der Aufwachenden aufgeht.
Noch ist es nicht soweit. Noch brauchen wir Geduld, viel Geduld und die Bereitschaft die Spannung auszuhalten, welche zwischen dem Wunderbaren und dem Unerlösten noch ist.
Hier in dieser Spannungsmitte ist der Platz der DienerInnen, der PriesterInnen, die versunken in ihrer Herzensmitte, die Arme weiten.

Werner Binder


KATHMANDU
In unserem kleinen Bus kriechen wir die Passstrasse bergauf. Der Bus-Chauffeur beobachtet jede aufgehende Lücke, um den nächsten vor uns knatternden, dicke schwarze Rauchwolken ausstossenden Lastwagen überholen zu können. Die Lücken sind jeweils klein. Mit vollen Einsatz von Gas und Konzentration gelingt es ihm fast jedesmal die enge Lücke zwischen den zwei vorangehenden Wagen zu schliessen. Oft sind die Lastwagen mit farbigen Girlanden und Lichtern geschmückt.
Wir sind auf der nördlichen Einfallstrasse nach Kathmandu.
Grau-schwarz und glitzernd fallen die brummenden Wagen, mache schon Fracks in die anbrechende Dämmerung der hektischen Stadt.
Hupen ohne Unterlass. Manchmal steht mitten auf der Strasse eine schwarze Kuh, unbeweglich, dazwischen viele heulende Motorräder, manchmal Rickschahs oder Fussgänger, von Autos gejagt,das schwarze "Geröll" der Strasse durchspringend.
Lärmender Einfall der dröhnenden Strasse. Eine endlose klappernde Schlange.

Wir sitzen im Bus und schlagen unsere Haltstücher über unsere Nasen und Augen, um uns vor dem grauen Smog zu schützen. Es ist die Stadt mit der weltweit drittgrössten Verschmutzung.
Die Bananenpalmen und die Mandarinenbäume sind alle grau vom dichten Staub der Strasse.
Kaum ist die Sonne hinter dem milchig-grauen Nebel aus Smog untergegangen, wird es kalt.
Die Händler in ihren kleinen fensterlosen Läden, die sich übergangslos mit chaotischen Strassenverkehr verschmelzen stehen mit ihren warmen Mützen in ihren oft halb leeren Läden, immer noch auf letzte Kunden hoffend.
Ein Fleischklumpen auf dem Tisch des Metzgers, daneben auf engstem Raum angebunden, ein paar kleine Ziegen, Hühner in Käfigen, ein Stand mit Plastikwaren und Rucksäcken für Touristen, Kinder dazwischen barfuss, mit einer Büchse spielend, von hupenden Motorrädern umgeben, von streunenden Hunden und Müll.

Abfall ist überall. Jetzt wird er zum Teil angezündet, um die Hände und Füsse verarmter Menschen zu wärmen. Gestank und zunehmende Kälte in der späten Dämmerung.

OM MANI PADME HUM.

Es ist gespenstig. Ins Halstuch eingemummelt, müde von der acht-stündigen Fahrt, wirbeln mir Bilder durch den Kopf und das Herz: Wir sechs TrekkerInnen, unsere Rupien zählend, immer wieder damit beschäftigt, ob man uns nicht einige zuviel abgeknöpft habe,.... während wir zu Hause anstandslos die zehnfachen Preise zu zahlen bereit sind. Was ist, so frage ich mich, auch jetzt an der Schreibmaschine sitzend, was ist denn mit uns los, dass wir immer wieder ins Zählen gekommen sind.

OM MANI PADME HUM.

Auf einer Fassade, riesengross, steht weiss auf rot: TUBORG. Davor: Abfall, Kies.
Wir steuern unser Hotel an: unsere Oase aus Wohlstand und Gediegenheit in dieser brodelnden Stadt. Im bequemen Bus, dösend und erschrocken über die unglaubliche Armut, pflügen wir uns durch den hupenden Verkehr. Flackernde Lichter, Scherben,
Bettler, Hungernde.
Bald ist Ausgehverbot, bald ist es 20.00 Uhr. Letzte Hektik, vor der verordnenden angstvollen Ruhe. Allgegenwärtige Militärpräsenz. Polizeiwagen, mit aufgepflanzten Gewehren auf den Autodächern.

OM MANI PADME HUM.

Immer wieder huscht ein Lächeln über die sonst eher kargen Gesichter der EinwohnerInnen der Stadt.
Das Lächeln erinnert an die ersten Sonnenstrahlen der anbrechenden Tage im Himalaja. Das Lächeln vieler Nepalesi ist scheu, sanft und irgendwie glitzernd.
Wie wunderbar ist es, wenn ich mich jetzt an dieses scheue Leuchten erinnere. Das harte Leben hat es nicht starr werden lassen.
Wie dankbar bin, dass wir so achtsam von unseren Reiseleitern und Trägern durch die Berge geleitet worden sind.
Sie sitzen jetzt hinter uns im Bus. Ein freundliches, dankbares Gefühl liegt zwischen uns.
Plötzlich hält der Bus unerwartet an. Sehr rasch verabschieden wir uns von unsern "porters". Lang kann der Bus nicht halten im brodelnden Verkehr. Dieses huschende Lächeln... und dann verschwinden sie in der schwarz-stickigen Nacht.

OM MANI PADME HUM

Wahrscheinlich fällt es uns schwerer das Gefälle zwischen Reich und Arm auszuhalten, als unseren Reisebegleitern. Der Unterschied hat etwas Unerträgliches an sich. Dieses schwer Erträgliche bleibt auch beim erlesenen Abendessen im Ess-Saal de Hotels präsent. Es liegt uns auf. Einige sind von Magen- Darmprobleme befallen.
In der Hotel-Bar trinken wir Rum aus Nepal, rauchen und strecken unsere Beine aus.
Wir sind heil über den Pass gekommen. Wir wurden gestützt und getragen.
Jetzt ist es sehr still geworden. Kein Gebrumme der Stadt, keine kläffenden Hunde, wir gehören zu letzten Touristen der ausgehenden Saison.

Good nigth, Sir, sagt der Kellner, Namaste.

Namaste, Nepal.

NACHTRAG: In Kathmandu besuchte ich die sozialen Einrichtungen der Organisation ROKPA: Heime für Strassenkinder, ein Arbeits- und Betreuungsprojekt für ledige Mütter und eine Gassenküche. Ich war sehr beeindruckt von diesen Einrichtungen.

SEBIL wird eine Patenschaft für ein Strassenkind eingehen. Mehr darüber unter L.

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